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Gastgeber Israel (blau-weiß) startete mit einem 2:2 gegen Norwegen in die Europameisterschaft.

Foto: EPA/Sultan

Tel Aviv - Der 17. November 2012 sollte ein normaler Fußballtag in Israel werden, dann schlugen die Raketen ein. 270 Geschoße von palästinensischer Seite zählten die Behörden, eines erreichte den Großraum Jerusalem, die Heimspiele der Erstligisten Hapoel Beer Sheva und MS Ashdod wurden aus Sicherheitsgründen abgesagt. Zwei Tage später attackierten israelische F-16-Jets das Nationalstadion Palästinas in Gaza-Stadt, das nach einem Einschlag im Mittelkreis schon zuvor jahrelang unbespielbar gewesen war.

Fußball und Politik, in Israel lässt sich das nicht immer trennen. Das gilt auch für die seit Mittwoch laufende U21-EM, das erste große Fußballturnier auf israelischem Boden. Noch eine Woche vor Beginn gab es Kritik an der Vergabe. Die Uefa belohne das "krasse und gesetzeswidrige Verhalten" Israels, das Land könne so von der "illegalen Besetzung von Gebieten Palästinas" ablenken, hieß es in einem offenen Brief in der englischen Tageszeitung Guardian. Unterschrieben war er unter anderem vom südafrikanischen Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu und von Ex- Profi Frederic Kanoute.

Einige Briefe

An Uefa-Präsident Michel Platini prallt die Kritik ab. "Wir können nicht den israelischen Verband für die politische Situation verantwortlich machen. Wir sind unpolitisch", betonte der Franzose im November. Damals hatten Kanoute und 52 weitere Spieler ihre Solidarität mit Palästina ausgedrückt. "Wir haben wegen der politischen Lage Briefe erhalten, so wie vor der EM 2012 in der Ukraine", lautete Platinis Reaktion.

Auch andere Fälle sorgten in Israels Fußball für Aufsehen. Etwa der von Palästinas Nationalspieler Mahmoud Sarsak, der auf dem Weg zum Training verhaftet wurde, drei Jahre in einem israelischen Gefängnis saß und erst nach 92 Tagen Hungerstreik entlassen wurde. Oder der vom Erstligisten Beitar Jerusalem und seinen zum Teil rassistischen Fans: Als der Klub, in dessen Stadion das EM-Endspiel stattfinden wird, erstmals muslimische Spieler (zwei Tschetschenen) verpflichtete, brannte im Februar das Vereinsheim.

Doch das sind Extremfälle, die bei der EM nicht einmal eine Nebenrolle spielen dürften. "Ich versichere Ihnen, dass es bei dem Turnier sicherer und ruhiger als bei einem Fußballspiel in London sein wird", sagte Israels Präsident Schimon Peres bei einem Treffen mit Platini. Zumindest in Tel Aviv, in dessen Großraum fast alle Spiele stattfinden, sollte das tatsächlich kein Problem sein. Einheimische und nicht zuletzt die zahlreichen Touristen genießen dort allen Problemen zum Trotz seit Jahren ein entspanntes Leben. Der Gazastreifen ist weit weg.

Aktuell ist es der Syrien-Konflikt, der die teilnehmenden Nationen verunsichert. "Natürlich registriere ich das, wir leben ja nicht hinter dem Mond", sagt der deutsche Teamchef Rainer Adrion. "Ich hoffe, dass die Politiker richtige Entscheidungen treffen. Wir spielen Fußball." Die Deutschen unterlagen zum Auftakt den Niederlanden mit 2:3. (sid, DER STANDARD, 8./9.6.2013)