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Bisher liefen auch jugendliche Asylwerber - hier in Traiskirchen - Gefahr, innerhalb Europas von den Behörden umhergeschickt zu werden. Viele tauchten daher in die Illegalität ab.

Foto: APA/Techt

Wien/Luxemburg - Für Christoph Riedl von der evangelischen Diakonie war der Donnerstag ein "ganz wichtiger Tag für den Jugendschutz in der EU". Mit der an diesem Tag veröffentlichten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg zum Fall von zwei minderjährigen Asylwerbern in Großbritannien habe "das behördliche Herumschicken alleinstehender Kinder und Jugendlicher quer durch Europa ein Ende", sagt er.

Tatsächlich hat es das höchste Gericht der Union für rechtmäßig befunden, dass die Burschen - einer aus Eritrea, einer aus dem Irak - von den britischen Behörden nicht nach Italien, respektive in die Niederlande zurückgewiesen wurden. Sondern dass Großbritannien stattdessen ihr Asylverfahren selbst abwickelte, obwohl dafür laut der EU-weit geltenden Dublin-II-Verordnung jene Länder zuständig sind, in denen Flüchtlinge zuerst um internationalen Schutz ersucht haben.

Vor der Rückschiebung in Schubhaft

Dem folgend, setzten viele EU-Staaten bisher auch allein reisende unter 18-Jährige den entwurzelnden, schwer belastenden Rückführungen aus. Darunter laut Riedl auch Österreich. Immer wieder seien Minderjährige in der Vergangenheit vor der Rückschiebung hierzulande zudem in Schubhaft gekommen, schildert der Diakonie-Experte. Die Angst davor habe viele untertauchen lassen, mit allen Gefahren, die ein Leben in der Illegalität mit sich bringe, ergänzt Heinz Fronek von der Asylkoordination.

Rechtlich möglich erschienen die Jugendlichen-Rückführungen bisher wegen einer unklaren Formulierung in der Dublin-II-Verordnung. Obwohl diese für unter 18-Jährige eine schonendere Behandlung als für Erwachsene vorsieht, stellt sie nicht dezidiert klar, dass das aktuelle Aufenthaltsland für das Asylverfahren einzustehen hat. Diesen Interpretationsspielraum hat das Höchstgericht nun geschlossen. Es gelte, einen "effektiven Zugang zur Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft" zu gewährleisten sowie dem "Wohl des Kindes" Vorrang zu geben, meinten die Luxemburger Richter. Daher seien Minderjährigen-Rückschiebungen nur rechtmäßig, wenn es in dem anderen Land nahe Verwandte gibt. Im Innenministerium wird derzeit geprüft, welche Folgen das Urteil in Österreich hat.

Initiative fordert Umdenken

Empörung über den harten Umgang mit jungen Flüchtlingen in Österreich, aber ebenso etwa mit traumatisierten Menschen, die trotzdem abgeschoben werden, stand auch am Beginn einer Initiative von Prominenten und anderen, die ein Umdenken in Asylfragen und weniger strenge Gesetze fordern. "Es geht nicht darum, die Schleusen zu öffnen, sondern die Menschen, die zu uns kommen, wie Menschen zu behandeln und nicht wie Objekte, die man wieder loswerden will", sagte Ernst Löscher, der die Allianz gegen Unmenschlichkeit angestoßen hat, am Freitag vor der Presse.

Gefordert werden faire Verfahren, bessere Versorgung von Flüchtlingen, Arbeitsmarktzugang sowie Aus- und Weiterbildung für sie. Abgeordneten müsse ihre menschenrechtliche Verantwortung beim Beschluss neuer Asyl- und Fremdengesetze bewusst gemacht werden.

Die Initiativen-Petition wurde am Freitag online gestellt. In den ersten Stunden schlossen sich ihr an die 50 Personen an. (Irene Brickner, DER STANDARD, 8./9.6.2013)