Der ";)"-Smiley bewahrte den Jugendlichen vor einer Strafe.

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Weil sie im Rahmen einer Diskussion türkenfeindliche Witze nebst Verweisen auf Gaskammern auf Facebook gepostet hatten, waren vier Nutzer des sozialen Netzwerks wegen Verhetzung vor dem Landesgericht Innsbruck angeklagt. Der Tatbestand wurde vom Richter bestätigt. Nachdem die Beklagten sich reuig zeigten, legte er ihnen ein Diversionsangebot: gemeinnützige Arbeit anstelle einer Verurteilung.

Erste Instanz sieht Verhetzung

Wie die "Presse" berichtete, nahmen drei der Jugendlichen das Angebot an. Der vierte jedoch war sich keiner Schuld bewusst. Er betonte, nur einen Witz gepostet zu haben, den er, aber auch viele ihm bekannte Türken lustig fänden ("Warum gibt's in da türkei koane samenspender??? ...weil die ganz wixxa bei uns sein;)") .

Anders sah das das Gericht. Der junge Notstandshilfebezieher wurde zu 480 Euro Geldstrafe und ersatzweise 60 Tagen Haft verurteilt, davon die Hälfte bedingt. Dass "Wichser" als abwertend verstanden wird, habe er selbst eingeräumt, so die Urteilsbegründung. Dementsprechend soll es seine Absicht gewesen sein, Türken öffentlich verächtlich zu machen. Es folgte eine Berufung.

OLG hebt Urteil auf

Anders fiel laut der Zeitung die Einschätzung des Oberlandesgerichts Innsbruck aus. Die Fortsetzung des Verfahrens endete dort mit einem Freispruch. Es soll sich laut Urteil deswegen um keine Verhetzung handeln, weil der Beklagte seinem Witz einen ";)"-Zwinkersmiley folgen ließ. Der stehe für "Nimm's nicht so ernst!", wie das Gericht mit Verweis auf Wikipedia begründete.

Es lasse sich also nicht feststellen, dass der Angeklagte vorgehabt habe, Türken in einer die Menschenwürde verachtenden Art herabzuwürdigen, so das Oberlandesgericht. Der Freispruch wurde mittlerweile von beiden Parteien bestätigt und ist damit rechtskräftig.

SOS-Mitmensch: "Gruppenverhetzung"

"Wenn man die Äußerung des Jugendlichen isoliert betrachtet, dann ist das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck nachvollziehbar, weil es sich um den Grenzfall eines hirnlosen, abwertenden Witzes handelt", beurteilt Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, gegenüber dem WebStandard den Fall. "Wenn man allerdings in Betracht zieht, dass rund um diesen hirnlosen Witz wesentlich schlimmere verhetzende Statements abgegeben wurden, dann könnte man, Synonym zu einer Gruppenvergewaltigung, im vorliegenden Fall von einer Gruppenverhetzung sprechen."

Folglich wären, so Pollak weiter, auch jene User, die sich an den Kommentaren in schwächerem Ausmaß beteiligt haben und die anderen in ihrem Tun bestätigen, als Beitragstäter einzustufen.

ZARA fürchtet falsche Signalwirkung

Ähnlich sieht man das auch beim Verein ZARA. Während man den Witz alleine für einen "Grenzfall" hält, wertet man die Urteilsbegründung als "sehr, sehr fragwürdig".  "Man darf nicht vergessen, dass dieser Witz nicht für sich steht, sondern im Zuge einer schon schwer rassistisch geführten Diskussion gemacht wurde", so Sprecherin Claudia Schäfer gegenüber dem WebStandard. "Die Form entschuldigt den Inhalt nicht".

Das Urteil der zweiten Instanz verbreitet nach Ansicht von ZARA eine falsche Signalwirkung. "International gibt es unter Menschenrechtsorganisationen eine riesigie Diskussion über Seiten und Facebook-Seiten, die Rassismus unter dem Deckmantel des Humors verbreiten", erklärt Schäfer weiter. Die Entscheidung des OLG Innsbruck könnte dazu führen, dass künftig noch öfter versucht wird, verhetzende und rassistische Botschaften als Scherz deklariert zu verbreiten. (gpi, derStandard.at,  10.6.2013)

Update, 10.06., 12.10 Uhr: Statement von SOS Mitmensch ergänzt.

Update, 10.06., 13.00 Uhr: Statement von ZARA ergänzt.