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Zu reguliert geht es laut IV-Präsident Kapsch in der europäischen Wirtschaft zu.

Foto: apa/Frank Rumpenhorst

Mehr netto verfügbares Einkommen, eine Kostenreduktion für die Wirtschaft, insgesamt mehr Freiheit: Geht es nach Industriellenvereinigungs-Präsident Georg Kapsch, sind das die Kriterien für einen starken Wirtschaftsstandort Österreich. Eine Konjunkturspritze dagegen sei derzeit sehr problematisch, sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag.

Es beunruhige ihn, dass aus der Krise die falschen Schlüsse gezogen würden, erklärte der Minister. Die Forderung der Gewerkschaft nach einer Verkürzung der Arbeitszeit etwa sei für einen Standort, der sich an Leistung orientieren solle, die falsche Tonlage.

Industriellenvereinigung für mehr Freiräume

Er fordere nicht, dass die Menschen mehr arbeiten sollen. Es sei aber notwendig, dann zu arbeiten, wenn die Arbeit auch da ist, sagte der Wirtschaftsminister, um für flexiblere Arbeitszeiten und die Erhöhung der täglichen Höchstarbeitszeit von zehn auf zwölf Stunden zu werben. "Die Menschen wollen Überstunden machen", sagte Kapsch, diese seien schließlich ein Teil ihres Einkommens. Deshalb müsse man nicht über die Einführung einer sechsten Urlaubswoche nachdenken. Mit 25 Urlaubs- und 13 Feiertagen liege Österreich hier ohnehin an der Spitze. "Alles andere können wir uns nicht leisten", so Mitterlehner.

Derzeit aber sei Europa so reguliert wie noch nie, kritisierte Kapsch. Jede Einschränkung eines Unternehmers könne Abwanderung bedeuten, jeder Abwanderung fielen viele Arbeitsplätze zum Opfer. Generell bräuchten die Unternehmer also mehr Freiräume, auch, um schnell auf geänderte Bedingungen reagieren zu können.

Die Rechte der Arbeitnehmer wolle man natürlich nicht einschränken. Österreich werde nie das billigste Land sein und auch nie eines mit schlechten Umweltstandards, aber es müsse damit aufgehört werden, der Wirtschaft ständig Prügel vor die Füße zu werfen, fordert er. Das Ziel müsse es sein, den Sozialstaat wieder leistbar zu machen.

Wachstumszahlen beeindrucken nicht

Denn an das Wachstum gekoppelt seien ja schließlich auch das Gesundheitssystem oder das Pensionssystem, gibt Mitterlehner zu bedenken. Und die Wachstumszahlen seien derzeit nicht wirklich beeindruckend, räumt der Minister ein. Auch, dass das Pensionssystem in dieser Form nicht mehr lange halten wird, weiß laut Kapsch jeder. Es  brauche jetzt eine schnelle Entscheidung, die alle mittragen. Die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen in Österreich stammten aus dem vergangenen Jahrhundert, kritisiert er. Generell aber "geht in diesem Land alles viel zu langsam". Will man etwa die Einkommenskurve abschwächen, dauere das 20, 25 Jahre, auch die Steuer- und Abgabenquote kritisierte er als zu hoch.

Eine Änderung der Rahmenbedingungen könne nicht von heute auf morgen erfolgen, "etwas mehr Geschwindigkeit würde uns aber nicht schaden", pflichtete Mitterlehner bei. Der Präsident der Industriellenvereinigung geht auch davon aus, dass die von der Gewerkschaft geforderte Fachkräftemilliarde verpuffen würde. Zur diskutierten sechsten Urlaubswoche sagte er, es wäre angesichts aktueller Entwicklungen sehr zu begrüßen, wenn diese nicht durchgebracht werde. Aus seinem eigenen Unternehmen könne er berichten, dass man die Leute ohnehin schon dazu zwingen müsse, ihre Urlaube zu nehmen.

Zwölf Milliarden im staatlichen Sektor

Insgesamt würden die Vorschläge des ÖGB - neben mehr Urlaub und der "Fachkräftemilliarde" gehört dazu auch eine Verteuerung der Überstunden - letztlich Arbeitsplätze kosten. Mittelfristig rund 12.000, schätzt die Industriellenvereinigung. Zu Buche schlagen würden diese Maßnahmen laut IV mit 2,2 Milliarden Euro. So viel seien zwei Drittel aller Neuinvestitionen der Wirtschaft wert, gibt Kapsch zu bedenken.

Wie der Gewerkschaft gehe es auch der Industrie darum, den sozialen Zusammenhalt zu stärken, die Vorschläge aber seien andere: Im staatlichen Sektor etwa könnten rund zwölf Milliarden Euro eingespart werden, zeigt Kapsch sich überzeugt. Acht dieser Milliarden könnten an die Arbeitnehmer fließen, mit rund vier Milliarden könnte man die Unternehmen entlasten. (Elisabeth Parteli, derStandard.at, 10.6.2013)