Giraffenfreundin und Filmheldin Lana (Ladya Cheryl).

Foto: stadtkino

Wien - Drei Arten von Menschen leben im Zoo: die, die dort arbeiten. Die, welche nirgendwo sonst einen Unterschlupf finden. Und schließlich die, die den Zoo lieben. Plus eine junge Frau namens Lana (Ladya Cheryl), die all diese Beweggründe auf sich vereint.

Als kleines Mädchen verliert sie bei einem Besuch auf dem Gelände ihren Vater. Niemand scheint nach ihr zu suchen. Lana passt sich an. Sie erwählt sich die Giraffe als ein unnahbares Schutztier und die Zoobediensteten und Obdachlosen als Ersatzfamilie. Sie wächst heran und übernimmt verantwortungsvolle Aufgaben. Bis ausgerechnet ein armer, aber gut aussehender Zauberkünstler im Cowboykostüm im Zoo auftaucht und dort das natürliche Gleichgewicht infrage stellt. Außerdem werden die " inoffiziellen" Bewohner des Zoos verwiesen. Lana sieht sich gezwungen, ihre umfangreichen, aber sehr spezifischen Kenntnisse auf die menschliche Spezies anzuwenden.

Postcards from the Zoo heißt der zweite Spielfilm des Indonesiers Edwin (Blind Pig Who Wants to Fly, 2008). Die Kamera findet in diesem Rahmen nicht nur unter den Tieren fotogene Sujets. Auch die Deko des Vergnügungsareals - samt Tretbooten in Riesenentengestalt oder einem markanten Kuh-Kleinbus - spielt eine nicht nur vordergründig tragende Rolle.

Sehen und Gesehenwerden

Aber der Film arbeitet auch mit den Vorgaben des Paradigmas Zoo: Dazu gehören das Sehen und Gesehenwerden, die Klassifikation oder die Differenz zwischen der eingesperrten und der frei lebenden Kreatur. Das Mädchen Lana nimmt in diesem Zusammenhang unterschiedliche Positionen ein, sie fungiert als eine Art Mittlerin zwischen den Welten ihrer " Mitbewohner" und ihrer Mitmenschen. Andererseits gestaltet sich das (Über-)Leben in der Stadt, außerhalb des Zoos, wie eine unfreiwillige Auswilderung in ein Terrain, das sich bald auf die Räume eines Massage- und Bordellklubs reduziert.

In diesem Setting bekommt Postcards vorübergehend eine leicht exploitative Note. Aber immer öfter kehrt Lana als Besucherin in ihr früheres Habitat zurück: Die Leinwand wird dann zum Riesenwimmelbild, in dem man die Beobachterin erst auf den zweiten oder dritten Blick findet. Solche inszenatorischen Arrangements helfen auch über manche erzählerische Stolpersteine hinweg.(Isabella Reicher, DER STANDARD, 11.6.2013)