Wien - Nötig, aber mit Nebenwirkungen. So bezeichnete Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Bei der Volkswirtschaftlichen Jahrestagung der OeNB sagte Nowotny: "Aus meiner Sicht müssen die Zentralbanken Nebeneffekte in Kauf nehmen und vorsichtig damit umgehen." Dass die anhaltenden Niedrigzinsen etwa Versicherern und Pensionsfonds das Leben schwer machen, sei unerfreulich, aber angesichts einer drohenden "zweiten Krise" unvermeidbar.

Die Tagung der OeNB stand dieses Jahr unter dem Motto der sich ändernden Rolle der Zentralbanken. Der Franzose Benoît Coeuré, Mitglied des EZB- Direktoriums, betonte zwar, dass die Preisstabilität weiter das Mandat für die EZB sei. Doch die Zentralbank müsse auch sicherstellen, dass in der Eurozone die Geldpolitik wieder überall gleich ankommt. Denn aktuell würden etwa die Haushalte in der Peripherie und kleine- und mittelständische Unternehmen von der Geldpolitik der EZB kaum profitieren. Um das zu verhindern, könnten weitere unorthodoxe Maßnahmen getroffen werden, so Coeuré. Die EZB müsse "unvoreingenommen alle Optionen in Erwägung" ziehen, darunter fallen auch negative Einlagenzinsen.

Nowotny selbst drückt bei der europäischen Bankaufsicht auf die Bremse. Qualität sei wichtiger als Schnelligkeit, sagte er mit Blick auf die Umsetzung unter der Führung der EZB. Die Währungshüter sollen 2014 zur Bankbehörde in der Eurozone aufsteigen. Doch statt alle 130 großen Geldinstitute mit einem Schlag zu kontrollieren, soll die EZB die Aufsicht stufenweise übernehmen, schlägt Nowotny vor. (sulu, DER STANDARD, 11.6.2013)