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Dieses Archivbild zeigt einen Teil des Abhörsystems Echelon im bayrischen Bad Aibling. Mittlerweile gibt es die Anlage nicht mehr.

Foto: Reuters/Dalder

Dass am Montag ausgerechnet auch EU-Abgeordnete in Straßburg forderten, das EU-Parlament müsse sich sofort mit den umstrittenen Abhörmaßnahmen des geheimsten US-Geheimdienstes NSA befassen, birgt eine gewisse Ironie. Denn das hat das EU-Parlament längst getan.

2001 gab es beim EU-Parlament einen eigenen Ausschuss, der sich mit dem Spionagesystem Echelon auseinandersetzte. Sechs Tage vor den 9/11-Anschlägen stellte dieser Ausschuss fest, "dass es keinen Zweifel mehr an der Existenz eines globalen Kommunikationsabhörsystems geben kann, das von den USA, Großbritannien, Australien, Neuseeland und Kanada betrieben wird". Auch das Ziel war damals schon den EU-Parlamentariern klar: "Private und kommerzielle, nichtmilitärische Kommunikation abzuhören." Und: "Bei einer Verwendung des Systems ausschließlich für nachrichtendienstliche Zwecke besteht kein Verstoß gegen EU-Recht." Alle diese Zitate sind online im Archiv des EU-Parlaments sogar auf Deutsch nachzulesen.

Obwohl Menschrechtler und Datenschützer schon damals davor warnten, dass damit die technische Möglichkeit geschaffen werde, praktisch die gesamte elektronische Kommunikation auf dem Planeten zu protokollieren, schossen in manchen Ländern Radarkuppeln und Satellitenantennenmonstren aus dem Boden. Eine mittlerweile abgebaute Anlage befand sich beispielsweise in Bayern. Im benachbarten Baden-Württemberg hat die NSA auf dem Truppenstützpunkt der US-Army in Stuttgart-Vaihingen (Patch Barracks) eine offizielle Niederlassung.

Anfänglich profitierten die Betreiber von Echelon noch davon, dass es auch viel Zweifel an der Kapazität ihres Systems gab. Doch in Zeiten, in denen selbst simple Unterhaltungs-Apps Standortdaten und Rufdatenstatistik eines Mobiltelefons mitschneiden (dürfen), wird "denen da oben" alles zugetraut. Dazu kommt, dass im Gegensatz zu den USA in Europa in den vergangenen Jahren eine rege Diskussion über Schutz der Privatsphäre stattgefunden hat.

Ob das jetzt verratene "Prism" ein Teil des Spionagesystems Echelon ist, ist noch unklar. Es spricht aber viel dafür, dass es sich um ein von den USA impliziertes Subsystem handelt. Beiden Systemen ist gemein, dass es Rechenzentren mit gewaltigen Kapazitäten braucht, um gewonnene Daten zu speichern und nach bestimmten Kriterien auszuwerten.

Österreich profitiert indirekt

Hilfreiche Schnüffelprogramme zur Überwachung des Internetverkehrs hat das Federal Bureau of Investigation (FBI) schon in den 1990er-Jahren entwickelt. Eines der ersten Programme hieß Omnivore (Allesfresser), der Nachfolger Carnivore (Fleischfresser). Laut Wikipedia ist das FBI nicht mehr so kreativ, nach dem letzten Update soll das Programm unter "Digital Collection System 1000" gelaufen sein.

Österreich hängt nicht am Echelon-System, kann aber durch den Austausch von Informationen auf Geheimdienstebene indirekt profitieren. Ob die NSA auch über heimischen Servern wacht, ist unbekannt, wird wahrscheinlich nie bekannt, ist aber wahrscheinlich. In Österreich ist das staatliche Ausspionieren von Kommunikationsdaten mit Auflagen erlaubt. Um etwa den sogenannten IMSI-Catcher, mit dem Mobiltelefone auch abgehört werden können, anwerfen zu dürfen, bedarf es eines Gerichtsbeschlusses. In Ausnahmefällen kann die Polizei eine Genehmigung auch im Nachhinein einholen. (Michael Simoner, DER STANDARD, 11.6.2013)