Mail, die Wetter-App und Messages.

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Ein Home-Screen mit den neuen Icons und eine Demonstration von Multitasking.

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Das Game Center wurde von Grund auf verändert.

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Apples neue Icons.

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Das neue Scrolling-Feature in Safari.

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Am Montag präsentierte Apple eine Neuauflage seines mobilen Betriebssystems. Schon zuvor gab es zahlreiche Gerüchte über ein Redesign, das angeblich vor allem durch Chef-Designer Jonathan Ive durchgesetzt wurde. Die ersten von Apple gezeigten Screenshots des Systems zeigen Änderungen, wie es sie bei iOS seit Jahren nicht gab. Und diese Änderungen stoßen auf unterschiedlichste Reaktionen. Von "atemberaubend schön" bis hin zu "grottenschlecht" war während der Präsentation in den Social Media Kanälen alles zu lesen.

Deutliche Änderungen und Kompromisse

Bei einer Userzahl von über 600 Millionen Geräten fällt es Apple schwer, massive Änderungen durchzuführen. Wie Wired-Autor Mat Honan anmerkt, sind Änderungen immer dann einfach, wenn ein System von Usern überhaupt nicht gemocht wird. Im Falle von iOS ist das aber aufgrund der Verbreitung eine Dimension, die mit Vorsicht zu genießen ist: Zu radikal darf es nicht sein, um Gewohnheitstiere nicht zu verärgern, andererseits muss man diejenigen zufriedenstellen, die sich nach Neuem sehnen. iOS-User verbringen mehr Zeit mit Surfen auf ihren Geräten als Nutzer anderer Betriebssysteme – und sie geben mehr Geld aus. Apple hat hier offenbar einen Kompromiss geschlossen, der an einigen Änderungen deutlich sichtbar wird.

Weg vom Skeuomorphismus

Obwohl auf den ersten Blick iOS 7 dem Apple-User doch relativ bekannt vorkommt, sind die Änderungen über das gesamte Betriebssystem hindurch überraschend vielfältig ausgefallen. Die von Scott Forstall etablierten skeuomorphistischen Designs, die Elemente aus der realen Welt imitieren sollten, sind jetzt vollkommen verschwunden. Stattdessen greift Apple innerhalb der Apps wieder zu minimalistischem Aussehen mit verbesserten Typographien, größerer Bilddarstellung und transparenten Overlays. Texturen und Metaphern haben sich verabschiedet, die neue Design-Sprache von Apple greift zu Minimalismus und großem Fokus auf Typografie.

Die Icons

Entwickler können sich jetzt schon darauf einstellen, ihre im AppStore vorhandenen Apps einem Redesign zu unterziehen, wenn sie das neueste System unterstützen wollen. Apple selbst hat schon die Icons zahlreicher eigener Apps verändert. Safari, iTunes, der Kalender, Mail und das Game Center wurden an das neue System angepasst – neue Icons inklusive. Die App-Icons sind dabei teilweise sehr abstrakt geworden. Das Game Center lässt sich beispielsweise für Unwissende kaum als Game Center identifizieren. Die früheren Schachfiguren sind nun simplen Farbkleksen gewichen. Die Telefon- und Messages-Apps sind beide deutlich greller geworden. Im Zusammenspiel mit Apples demonstriertem Wallpaper eine etwas unglückliche Farbwahl. Die grellgrünen Apps könnten bei einigen Anwendern auf Unbeliebtheit stoßen.

Kontrollzentrum und Notifications in neuem Glanz

Beim Redesign des Systems wurde offenbar viel Wert darauf gelegt, die wichtigsten Einstellungen so schnell wie möglich zugänglich zu machen. Was schon aus anderen Betriebssystemen bekannt ist, hat sich Apple hier zum Vorbild genommen: Das neue Kontrollzentrum lässt sich aus jeder App und jedem Zustand mit einem Wischen von unten nach oben erreichen. Hier können Flugzeugmodus, WLAN, Bluetooth, "Don't Disturb" und die Rotationssperre erreicht werden. Der früher durch einen Doppelklick und wischen nach links zu erreichende Musikplayer ist jetzt ebenfalls Teil des neuen Kontrollzentrums. Das Benachrichtigungszentrum ist wie in früheren Versionen durch ein Wischen vom oberen Bildschirmrand nach unten zu erreichen. Designtechnisch verzichtet hier Apple auf die bekannte graue Struktur und macht beide Zentren etwas transparent, wobei der Hintergrund durch die Unschärfe dynamisch wirkt.

Push-Trigger lädt Apps im Hintergrund

Multitasking hingegen könnte bei einigen Usern zu Verwirrung führen. Der Doppelklick auf den Home Button, der es erlaubt hat, zwischen geöffneten Apps hin und her zu wechseln, ruft in iOS 7 die Fenster an sich auf und nicht nur die bloßen Icons. Vertraute iOS-Nutzer werden hier wohl eher auf die Icons blicken und nach diesen auswählen, als auf die klein dargestellten Fenster. Laut Apple erkennt das System, welche Apps besonders häufig genutzt werden, sodass die Batterielaufzeit darunter nicht leiden soll. Beim Auftauchen einer Push-Notification lädt das System die App bereits im Background, sodass ein Klick auf die Benachrichtigung nicht dazu führt, dass erst einmal die App geladen werden muss. Das alles soll flüssig und sauber passieren, ohne lange Wartezeiten und Akku-Fraß in großer Manier.

Kamera-App

Ein eigenes "internes Instagram" hat Apple nun auch eingebaut. Im Kameramodus selbst ist das Design deutlich anders geworden. Die skeumorphistische Metapher der Blende ist nun völlig weg. Zwischen Video, Photo, Square und Panorama kann nun mit Wischen gewechselt werden. Eingebaute Filter sollen Fotos nach der Aufnahme schnell und einfach verändern können. Für die Fotos wird anhand von Geotags und Zeitangaben eine Darstellung gebaut, die User auf einen Blick erkennen lässt, welche Fotos in einem bestimmten Zeitraum gemacht wurden. Das Teilen von Fotos in diverse Apps und das Versenden der Aufnahmen mit Mail und anderen Programmen hat sich im Aussehen ebenfalls verändert: Die bunten Icons für Kopieren, Slideshows, Drucken etc. sind weg, stattdessen setzt Apple auf Schwarz/Weiß. Lediglich Apps werden bunt dargestellt.

Siri

Auch der Sprachassistentin Siri wurde neben einer verbesserten Stimme für Englisch, Deutsch und Französisch ein neues "Look & Feel" verpasst. Siri kann jetzt auch Einstellungen ändern und weiterhin twittern, auf Wikipedia und Bing suchen. Zu der weiblichen Stimme ist zudem noch eine männliche dazugekommen.

Wunschliste und automatische Updates

Wer das kleine rote Benachrichtigungs-Icon im AppStore nicht mag, wird mit iOS 7 glücklich werden. Apps werden nun im Hintergrund automatisch aktualisiert und verhindern somit einen Update-Stau, der teilweise bei einigen Usern mit vielen Apps zu Problemen führte. Der AppStore selbst hat sich auch verändert: Nicht nur bessere Empfehlungen sollen kommen, auch eigene Kategorien für Kinder-Apps, gestaffelt nach Alter, sollen Eltern das Leben erleichtern. Auf einen Wunschzettel können nun gewünschte Apps gespeichert werden, die man eventuell zu einem anderen Zeitpunkt runterladen möchte.

Edge-to-edge

Erwähnenswert ist auch das Edge-to-edge Design in Apples Mail-App. Hier werden Fotos jetzt nicht mehr eingebettet verkleinert angezeigt, sondern nutzen die volle Breite und gehen von einem Bildschirmrand zum nächsten. Wer Wert auf diese Ausnutzung des Displays legt, dem könnte auch Safaris neues Fullscreen-Feature gefallen. Dort können nun auch mehr als nur acht Tabs gleichzeitig geöffnet sein, angeblich unlimitiert.

Ohne iCloud-Usernamen geht nichts

Als Sicherheitsmaßnahme hat Apple auch das sogenannte Activation Lock eingebaut, das über die Einstellungen zu erreichen ist. Eine Aktivierung dieses Features führt dazu, dass das Gerät nach dem Diebstahl überhaupt nicht mehr aktiviert werden kann, sofern iCloud-Username und Passwort nicht vorhanden sind.

Konsistent oder nicht?

Apples Erinnerungs-App "Reminder" zeigt Hinweise ebenfalls auf neue Art und Weise an, die leicht an die Ticket-Verwaltungs-App Passbook erinnert. Insgesamt ist das Design in den Apps konsistenter geworden, da die alten Strukturen neuen, puristischen Darstellungen weichen mussten. Diese Änderungen des Systems empfinden aber nicht alle als konsistent und sinnvoll.

Kritik an abstraktem Design

Bei The Verge heißt es von Autor Joshua Topolsky, iOS 7 sei besser und schlechter gleichzeitig. Es würde User verwirren, die Icons seien kindlich gestaltet, die Einstellungen abstrakt. Die Icons seien zu verschieden, es gebe keine Konsistenz des Designs und das Kamera-Icon würde an Clipart erinnern und sei über das gesamte System unterschiedlich. Er kritisiert auch die Inkonsistenz bei den Active Icons: Während die Uhr und der Kalender immer das aktuellste Datum und die aktuellste Zeit im Icon anzeigen, wird das von der Wetter-App nicht gemacht. Topolsky meint, Apple würde hier Informationen unterschlagen, die erst durch mehrere Klicks auffindbar wären. Weiters sei das Benachrichtigungszentrum mit seinen drei Sektionen  zu kompliziert, das gesamte System würde den User nun mehr Zeit kosten und die Kontroll-Icons innerhalb der Apps seien zu abstrakt.

Geteilte Meinung

Vergessen darf man bei all dem Lob und der Kritik nicht, dass sich iOS 7 aktuell in der Beta-Phase befindet und noch das ein oder andere Detail bis zum offiziellen Release im Herbst verändert werden könnte. Insgesamt scheinen die Stimmen zu Apples Redesign sehr gespalten zu sein. Überraschend ist das nicht, auch in der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik und Lob gleichermaßen. Design ist eben eine Frage des Geschmacks, Funktionalitäten, die für einen kompliziert sind, scheinen für den anderen glasklar zu sein. (iw, derStandard.at, 11.6.2013)