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Die Versuchspersonen vertrugen das Medikament gut, Nebenwirkungen seien laut Experten "vernachlässigbar".

Foto: APA/Axel Heimken

Pathologisches Spielen betrifft Studien zufolge weltweit 0,2 bis 5,3 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Besonders häufig ist diese Verhaltensstörung bei Teilnehmern von Glücksspielen und Wetten anzutreffen. Betroffene sind oft unfähig, ihrem Drang zum Spielen zu widerstehen.

Die Krankheit, von der weitaus mehr Männer als Frauen betroffen sind, hat meist schlimme Folgen für das persönliche Leben, die Familie oder den Beruf der Patienten.

Amatadin gegen Spielsucht

Nun könnte die in der Influenza- und Parkinsonbehandlung eingesetzte Substanz Amatadin eine neue Behandlungsoption bei Spielsucht darstellen, berichteten Forscher der Italienischen Universität G. d'Annunzio in Chieti beim 23. Meeting der Europäischen Neurologengesellschaft (ENS) in Barcelona. Obwohl noch größere Studien zur Bestätigung nötig sind, scheinen die ersten Ergebnisse vielversprechend. Amantadin ist ein unspezifischer Glutamat-Blocker.

Die medizinische Behandlung von Spielsüchtigen gestaltet sich bisher als sehr schwierig, berichtete Studienautor Giovanni Martinotti: "Es gibt zwar vereinzelte Medikamente, doch hat sich bisher keines davon als Standardtherapie bewährt, sodass es etwa eine Zulassung der weltweit tonangebenden 'Food and Drug Administration' der USA besäße. Jetzt sieht es  so aus, als ob wir erstmals ein Medikament gefunden hätten, das bei Spielsucht wirklich hilft – wobei wir erst in der Testphase sind und noch mehr Daten zur Bestätigung brauchen."

Angriffspunkt Dopamin-Haushalt

Amantadin ist ein Medikament, das zur Behandlung und Vorbeugung des Influenza-A-Virus, seit kurzem jedoch auch in der Parkinson-Therapie eingesetzt wird. Es greift unter anderem in den Haushalt des "Glückshormons" Dopamin im Gehirn ein und erhöht dessen Ausschüttung, während es die Wiederaufnahme hemmt.

Darüber hinaus entfaltet Amantadin seine Wirkung in der Gehirnregion Nucleus accumbens, die als Schalthebel für das "Belohnungssystem" in der Entstehung von Sucht eine wichtige Rolle spielt. "Wie wir zeigen konnten, wirkt Amantadin damit auch auf die Impulskontrolle", erklärte Martinotti.

Als Nachweis führten die italienischen Wissenschaftler eine Fallserie durch. Wie sich zeigte, reduzierte Amantadin bei den sechs getesteten Spielsüchtigen den Drang zum Spiel, die Gedanken daran, die dafür aufgewendete Zeit und Emotionen und auch die damit verbundenen persönlichen Probleme um jeweils 43 bis 64 Prozent. Gemessen wurde dies durch die "Gambling Symptom Assessment Scale" (G-SAS), mit der sich Spielsüchtige selbst einschätzen können.

 Nebenwirkungen "vernachlässigbar

Die Versuchspersonen vertrugen das Medikament gut, Nebenwirkungen seien "vernachlässigbar". Nach diesem Erfolg hält es Martinotti für möglich, dass sich Amantadin für den Einsatz bei Spielsucht bewährt, jedoch vielleicht auch für ähnliche Störungen der Impulskontrolle wie etwa die Kauf- oder Onlinesucht.

"Was wir nun brauchen, sind Studien mit mehr Teilnehmern. Zudem muss für eine etwaige spätere Zulassung auch geklärt werden, wie das Medikament auf mögliche Begleiterkrankungen wirkt", so der Forscher. (red, derStandard.at, 11.6.2013)