Linz/Wien - Im Prozess, den ein blindes Paar nach einem Adoptionsverbot des Landes Oberösterreich angestrengt hatte, hat das Bezirksgericht Linz nun zugunsten der Kläger entschieden: Das nicht rechtskräftige Urteil lautet auf Diskriminierung. In einer Aussendung appellierte das Paar am Dienstag an die verantwortlichen Behörden, "uns und unserem Kinderglück nicht weitere Steine in den Weg zu legen". Ob das Land berufen wird, stehe vorerst nicht fest, sagte dessen Rechtsvertreter.

Er und seine Partnerin hätten das Gefühl, dass Geld und Zeit für das Land keine Rolle spielen, erklärte der Mann in einer Aussendung. "Uns jedoch läuft die Zeit davon, da wir aus rechtlichen Altersgründen nur noch sehr wenig Zeit haben, um ein Waisenkind adoptieren zu können."

Das Begehren der Kläger, das Land zu verpflichten, sie für die Annahme eines Kindes zu vermitteln, wurde abgewiesen, so das Gericht. Im Gegenzug muss aber bestätigt werden, dass das Paar für eine Adoption in Betracht kommt und dafür geeignet ist. Das Land wurde zudem dazu verurteilt, die geforderte Summe von knapp 3.500 Euro - unter anderem für zwei Privatgutachten - und die Verfahrenskosten zahlen.

"Wie stellen Sie sich das vor?"

Die beiden Blinden, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können, waren bereits in Wien mit dem Gesuch abgeblitzt, ein nicht sehendes Kind aus Bulgarien zu adoptieren. Auch in Oberösterreich kam man dem Wunsch nicht nach: "Wie stellen Sie sich das vor, wo sie doch blind sind?", soll die Psychologin, die im Auftrag des Landes arbeitete, in der Erinnerung des Klägers gesagt haben.

Die Behörde habe es so dargestellt, dass er und seine Frau permanent Unterstützung bei der Erziehung eines Kindes bräuchten. "99 Prozent können wir selbst machen", betonte der Mann. Zudem seien sie als Blinde mit Sicherheit besser geeignet, eine beeinträchtigte Person großzuziehen, als ein sehendes Paar.

Beeinträchtigung nicht Hauptargument

Die Gegenseite kam zu einem anderen Schluss: "Die Blindheit war nicht das Hauptargument, es war eine Gesamtwürdigung", so eine leitende Sozialarbeiterin. Auf die Frage, ob das Ersuchen auch abgelehnt worden wäre, wenn es sich um sehende Adoptionswerber gehandelt hätte, antwortete sie: "So wie ich es jetzt einschätze - ja." Zudem wurde der Gesundheitszustand der adoptionswilligen Frau ins Treffen geführt.

Eine Gutachterin bewertete die Stellungnahme einer Psychologin, auf die sich die negative Entscheidung des Landes Oberösterreich gestützt hat, hingegen als "nicht ausreichend begründet". Der Richter machte am abschließenden Verhandlungstag darauf aufmerksam, dass transparent und nachvollziehbar gearbeitet werden müsse. "Sonst ist es im Zweifel eine Diskriminierung." 

Keine Eignung laut Ackerl

In einer Reaktion erklärte der zuständige Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Ackerl, das standardisierte Verfahren zur Eignungsüberprüfung zeige, dass es aus Sicht des Landes keine diskriminierende Behandlung der Adoptionswerber gegeben habe. Er bestätigte gleichzeitig, dass es noch nicht feststehe, ob das Land Oberösterreich gegen das Urteil des Bezirksgerichts Linz berufen wird.

Ackerl meinte, dass die Eignung auch dann nicht vorgelegen wäre, wenn es sich um Sehende gehandelt hätte. Diesbezüglich sei auch der Gesundheitszustand der Klägerin ins Treffen worden. Die Gerichtsentscheidung bedeutet aus Ackerls Sicht, "dass das Wohl und die Bedürfnisse eines zur Adoption freigegebenen Kindes zugunsten der Wünsche von Adoptivwerbern zurückgestellt werden müssten bzw. die Qualitätskriterien bei der Eignungsüberprüfung von Werber zu hinterfragen sind". (APA/red, 11.6.2013)