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Ein Replikat des Oval Office in Dallas: wie das Original rundum zum Wohlfühlen.

Foto: AP/Philipp

Kuppeln und Säulen, Vorhänge und geschwungenes Dekor haben auch aus neuropsychologischer Perspektive einen Sinn: In Räumen, die von runden Konturen geprägt sind, fühlen wir uns wohler als in solchen mit Ecken und Kanten. Eine internationale Forschergruppe, bei der auch Helmut Leder, Vorstand des Instituts für psychologische Grundlagenforschung an der Uni Wien, mitgearbeitet hat, konnte in einer groß angelegten Studie nachweisen, dass die menschliche Vorliebe für runde Formen auch auf die Architektur zutrifft. "Bei der ästhetischen Bewertung von Architektur kommen dieselben Netzwerke im Gehirn zum Einsatz wie etwa bei Kunst", erklärte Leder.

Die Ergebnisse der Studie, bei der sich die Teilnehmer anhand von 200 Architekturfotografien entscheiden mussten, ob sie einen Raum schön fanden oder nicht, aber auch ob sie ihn gerne betreten wollten oder nicht, wurde in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht. "Die Verbindung von ästhetischer Wahrnehmung mit der gebauten Umwelt ist wirklich etwas Neues – es gibt überraschend wenig Forschung dazu", sagt Leder. Das Ergebnis für die Schönheitsurteile fiel eindeutig zugunsten der Räume mit runden Konturen aus.

Im Rahmen des Forschungsschwerpunkts der psychologischen Ästhetik an der Uni Wien konnten Leder und sein Team schon bisher zeigen, dass runde Formen in Kunst und Design als schöner empfunden werden. Die Analyse der Hirnaktivität über funktionelle Magnetresonanztomografie ergab, dass die Betrachtung der runden Räume mit verstärkter Aktivität in Hirnregionen einherging, die mit Belohnungsfunktionen und insgesamt angenehmen Gefühlen zu tun haben.

Keine Übereinstimmung mit den bisherigen Befunden der Ästhetikforschung gab es allerdings hinsichtlich von Ecken und Kanten: Bisher nahm man an, dass sie deshalb auf Ablehnung treffen könnten, weil sie eine Warnreaktion vor potenziell gefährlichen, etwa spitzen Objekten hervorrufen – beobachtet wurde eine Aktivierung der Amygdala, die für die Entstehung von Furcht eine zentrale Rolle im Gehirn spielt. Leder: "Diese Furcht vor dem Eckigen trifft in der Architektur offenbar nicht zu." (APA/DER STANDARD, 12.6.2013)