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Edward Snowden auf dem Titelblatt einer Tageszeitung in Hong Kong.

Foto: AP Photo/Kin Cheung

Washington - Die US-Behörden arbeiten laut Medienberichten unter Federführung des FBI an einer Anklage gegen den Whistleblower Edward Snowden. James Clapper, Direktor der Geheimdienste, ließ über einen Sprecher ausrichten, dass derzeit das Justizministerium und die Geheimdienste prüfen, ob und welche Art von Schaden Snowden durch die Weitergabe von Informationen angerichtet habe. Das Weiße Haus hat noch keine offizielle Stellungnahme zu diesem Thema abgegeben. Peter King, Vorsitzender des Unterausschusses für Heimatschutz im Repräsentantenhaus und ebenfalls Republikaner, hat allerdings die Auslieferung Snowdens gefordert.

Snowden, der sich in Hongkong aufhalten soll, hatte sich selbst als Quelle für die NSA-Informationen enttarnt. Sein genauer Aufenthaltsort war am Dienstag unbekannt. Die Zeitungen "Guardian" und "Washington Post" hatten unter Bezug auf Snowdens Informationen berichtet, der US-Geheimdienst NSA sammele und analysiere massenhaft Nutzer-Daten von Unternehmen wie Google, Yahoo, Microsoft, Apple oder Facebook. Die NSA habe über das Programm "PRISM" Zugriff auf Fotos, Nachrichten und Dateien. Die Unternehmen bestreiten einen direkten Zugang der Behörden auf ihre Server.

Widerstand gegen Datenklau formiert sich

In den USA formiert sich im Geheimdienst-Skandal ein immer breiterer Widerstand gegen den Datenklau im Namen der Sicherheit. Unter dem Motto "Stop Watching Us" (Hört auf, uns zu beobachten), startete am Dienstag eine Gruppe von 80 Firmen und Bürgerrechtsorganisationen eine Kampagne gegen die Überwachung von Internet- und Telefondaten durch den US-Geheimdienst NSA. Europäische Politiker versuchen, mehr über das Ausmaß der Überwachung zu erfahren. Der nach Hongkong geflohene Informant Edward Snowden wurde derweil von seinem Arbeitgeber entlassen.

Die Beratungsfirma Booz Allen Hamilton kündigte Snowden "wegen der Verletzung des Ethikkodexes und der Richtlinien". Snowden hatte angegeben, er sei als Mitarbeiter der Firma bei der NSA auf Hawaii im Einsatz gewesen. Booz Allen Hamilton zufolge arbeitete Snowden weniger als drei Monate für das Unternehmen.

Klage eingereicht

Auch Gegner des Spionageprogramms wappneten sich. So reichte die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union in New York eine Klage gegen die Sammlung von Telefon-Verbindungsdaten ein. Der Internetkonzern Google unternahm einen Vorstoß für mehr Transparenz. Der Suchmaschinen-Gigant will alle Anfragen der US-Regierung nach Nutzerdaten öffentlich machen, um den Verdacht aus dem Weg zu räumen, den Geheimdiensten uneingeschränkt Zugang zu seinen Systemen gewährt zu haben.

Der Firefox-Entwickler Mozilla startete mit Rückendeckung von Bürgerrechtsaktivisten und anderen Firmen die Kampagne "Stop Watching Us". Mozilla und seine Verbündeten sammeln im Internet Unterschriften für einen offenen Brief an den US-Kongress. "Diese Art der pauschalen Datensammelei kratzt an den amerikanischen Grundwerten von Freiheit und Privatsphäre", heißt es darin. Dadurch würden Eckpfeiler der Verfassung verletzt. "Wir rufen den Kongress auf, sofort zu handeln, um diese Überwachung zu stoppen." Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Kritik aus Europa

Europäische Politiker verschärften ihre Kritik am vorgehen der USA. Das Europaparlament nahm das Thema am Dienstag kurzfristig auf seine Tagesordnung. Dabei wurde auch eine Aussetzung der anlaufenden Freihandelsverhandlungen zwischen der EU und den USA gefordert. SPÖ-Europaabgeordneter Jörg Leichtfried bezeichnete das US-Schnüffelprogramm als "Sauerei".

In Deutschland sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich, dass ein Fragenkatalog an die Amerikaner formuliert werde. Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ mitteilen, dass sie den Skandal beim Berlin-Besuch von US-Präsident Barack Obama in der kommenden Woche thematisieren werde.

Sorge einzelner Kongressmitglieder

In Washington wurden am Dienstag zahlreiche Kongressmitglieder hinter verschlossenen Türen über die geheimen Anti-Terror-Aktionen der NSA informiert. Einzelne Politiker äußerten öffentlich ihre Sorge über ausufernde Eingriffe des Inlandsgeheimdienstes in die Privatsphäre der Bürger, während die meisten die Maßnahmen unterstützten.

Kremlchef Wladimir Putin kritisierte die USA. Die Geheimdienste dürften auch im Kampf gegen den internationalen Terrorismus nicht außerhalb der Gesetze stehen, sagte der frühere KGB-Offizier. Der Chef des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma, Alexej Puschkow, sprach sich dafür aus, Snowden politisches Asyl zu gewähren. Der Kreml äußerte sich zurückhaltend - die Behörden würden den Antrag prüfen, sollte Snowden um Asyl bitten. (APA, 12.6.2013)