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Jörg Ziercke hält die Vorratsdatenspeicherung nach wie vor für nützlich

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Die Praktiken des US-Geheimdienstes National Security Agency, die über Jahre systematisch Daten von Usern großer Internetkonzerne wie Google, Facebook, Apple und anderen gesammelt haben soll, seien in Mitteleuropa nicht denkbar. Davon zeigte sich der Präsident des deutschen Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, am Dienstagabend vor Journalisten in Wien überzeugt. "Daten abgreifen machen wir nicht", erklärte Ziercke. "Es ist schlicht nicht zulässig."

Wahlloses Abschöfen wenig sinnvoll

Der BKA-Chef, der sich auf Einladung des österreichischen Bundeskriminalamts und des Kuratoriums Sicheres Österreich in Wien befand, zeigte sich auch davon überzeugt, dass das wahllose Daten Abschöpfen wenig sinnvoll ist: "Wir haben eher das Problem, dass wir die Daten reduzieren müssen." Man bemühe sich darum, entsprechende Programme zu entwickeln, die unter einer Fülle von Datensätzen jene Informationen herausfiltern sollen, die für die jeweiligen polizeilichen Ermittlungen relevant sind.

Datenwulst

BK-Direktor Franz Lang brachte ein Beispiel: Bei Ermittlungen gegen eine Bank seien acht Terabytes Daten angefallen. Ausgedruckt würde das mehrere Millionen Seiten ergeben. Für die Ermittler ist es praktisch unmöglich, sich in einer auch nur halbwegs adäquaten Zeit durch diesen Datenwulst zu wühlen. Im Kinderpornobereich checkt ein entsprechendes Programm etwa anhand der bei einem Bild hängenden Daten, ob es sich um strafrechtlich relevantes Material handelt.

Vorratsdatenspeicherung sei aber nützlich

Als sehr nützlich für Ermittlungen bezeichnete Ziercke die Vorratsdatenspeicherung und versuchte, Kritiker zu beruhigen: "Es geht nicht um normale User, genauso wenig wie um normale Drogenkonsumenten." Sie sei auch sehr nützlich, denn: "Die bösen Buben machen alle Fehler." Man benötige heutzutage keine Expertise für kriminelle Aktivitäten mehr, "sie können alles im Untergrundmarkt einkaufen", so der BKA-Präsident.

Quick Freeze

Alternativvorschlägen wie dem sogenannten Quick-Freeze-Verfahren, demzufolge Telekommunikationsdaten nur nach konkreten Verdachtsmomenten gespeichert werden dürften, erteilte Ziercke eine Absage. In den Ermittlungen um die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds seien unter anderem deshalb viele Fragen offen geblieben, weil entsprechende gespeicherte Informationen nicht vorhanden waren. Mit der Vorratsdatenspeicherung hätte man diese Datenflüsse zumindest für die sechs vorangegangenen Monate offenlegen können.

Problem mit Nachwuchs

Eines der größten Probleme für Ermittlungsbehörden ist es, qualifiziertes Personal zu bekommen. Das heimische BK hat derzeit 17 Cyberforensiker unter Vertrag. Dazu kommen fünf Internet-Kinderpornoermittler und 20 Beamte, die sich mit dem Cyberspace in Zusammenhang mit Wirtschaftskriminalität auseinandersetzen. Weiterbildung ist immer das Gebot der Stunde. Lang verwies unter anderem auf zweieinhalb Jahre Mitarbeit in einem Technologiepool, bei dem sich die Ermittler in Zusammenarbeit mit den Hard- und Software-Herstellern mit jenen Produkten vertraut machen können, die in einem oder zwei Jahren auf den Markt kommen werden.

Österreichisches BK mit 700 Mitarbeitern

Ziercke ist einer der Gratulanten zum zehnjährigen Jubiläum des österreichischen Bundeskriminalamts. Im Mai 2003 hatte der damalige BK-Direktor Herwig Haidinger erklärt, dass sich das Bundeskriminalamt nunmehr in Vollbetrieb befinde. Für die Entwicklung des BK sei nicht zuletzt die "große Schwester", das BKA in Wiesbaden, Modell gestanden, meinte Lang. Die Dimensionen sind jedoch etwas andere: Hat das BK derzeit rund 700 Mitarbeiter, steht der Präsident der deutschen Organisation nach eigenen Angaben 5.500 bis 6.000 Mitarbeitern vor. (APA, 12.6.2013)