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Wenn der Österreicher trinkt, dann lebenslang.

Foto: APA/Hendrik Schmidt

Wien - Beim Alkoholkonsum liegt Österreich weltweit im Spitzenfeld. "Da schaffen wir jede Europameisterschafts-Qualifikation locker", sagte Michael Musalek, Leiter des Anton-Proksch-Instituts, bei einem Presseseminar in Wien. Zumeist werde der Alkohol ab dem 25. oder 30. Lebensjahr massiv gebraucht - "und dann lebenslang bis zu den 70- bis 90-Jährigen". Frühdiagnose und modifizierte Behandlungsstrategien sollen in Zukunft mehr Betroffenen helfen.

750.000 Menschen seien in Österreich gefährdet, 360.000 tatsächlich alkoholkrank, so Barbara Degn von der Österreichischen Gesellschaft für Familien- und Allgemeinmedizin. Die Hausärzte hätten vor allem in der Frühdiagnose einer Gefährdung und der Begleitung der Betroffenen eine entscheidende Bedeutung: "Wir kennen die Betroffenen, wir kennen die Familien. Wir haben eine um das 15-Fache höhere Kontaktdichte als die spezialisierten Kliniken."

Dafür sei vor allem Zeitaufwand beim Arzt notwendig. Das österreichische Gesundheitswesen gebe in diesem Bereich vergleichsweise wenig aus. Die Allgemeinmedizinerin: "Für 430.000 Diabetespatienten betragen die Gesundheitskosten pro Jahr 1,7 Milliarden Euro oder acht Prozent der Ausgaben. Es gibt 95 Diabetesambulanzen." Da gelte es noch viel aufzuholen, was die Betreuung von Alkoholgefährdeten und Alkoholkranken angehe.

Heilungschancen steigen

Eine Möglichkeit eröffnet sich mit der neuen amerikanischen Einteilung für psychische Erkrankungen (DSM-5), der auch in die internationale Einteilung der Krankheiten (ICD-Code) mehr oder weniger übernommen werden dürfte. Da wird der problematische Alkoholkonsum mit den in Österreich rund 750.000 Gefährdeten als Frühstadium der Alkoholkrankheit eingestuft. Das gibt die Möglichkeit zu einer früheren Diagnose und einem früheren Eingreifen. Musalek: "Je früher die Erkrankung diagnostiziert wird, desto besser sind die Heilungschancen. Wir haben rund 70 Prozent Heilungsraten, wenn jemand in Behandlung bleibt." Das Problem liege bei den Abbrechern. Doch auch da lägen die spontanen Heilungsraten noch bei zehn Prozent.

"Die Internisten wären stolz, wenn sie bei ihren chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck Spontanheilungsraten von zehn Prozent hätten. Was unsere Patienten wollen, ist ein kompetenter Gebrauch des Alkohols. Im Frühstadium haben wir noch eine gute Möglichkeit, das zu vermitteln", sagt Musalek. Totale Abstinenz bleibe in späteren Stadien unumgänglich, sei aber in früheren Stadien nur die zweitbeste Wahl. (APA/red, derStandard.at, 12.6.2013)