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Die Währungsunion - weiterhin ein fragiles Gebilde.

Foto: EPA/Gambarini

Brüssel/Straßburg - Die überraschende Schließung des staatlichen griechischen Hörfunk- und TV-Senders ERT erinnert die Europäer daran, dass die Wirtschaftskrise andauert. Vor dem wichtigen EU-Gipfel am 27. und 28. Juni ist die Stimmung in den Brüsseler Institutionen und im Straßburger Europaparlament gereizt. Angesichts widersprüchlicher Signale aus den Hauptstädten der Union ruft EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso zum Konsens auf, um Vertrauen wiederzugewinnen.

Von einer einheitlichen Linie ist die Union, die am 1. Juli Kroatien aufnehmen und dann 28 Mitglieder haben wird, weit entfernt. Umstritten bleibt die Euro-Rettungspolitik. Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Hannes Swoboda, ruft Währungskommissar Olli Rehn unverhohlen dazu auf, die umstrittene Troika der Geldgeber in Griechenland zu stoppen. "Das hat mit Demokratie nichts zu tun", meinte der Österreicher am Mittwoch. Zuvor waren deutliche Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und den Europäern in diesem Kontrollgremium deutlich geworden.

Auf der Suche nach Jobs

Barroso wird nicht müde zu unterstreichen, dass Jobs für über sechs Millionen junge Menschen in Europa gefunden werden müssen. Im neuen Haushaltsplan der EU, der bis zum Ende des Jahrzehnts läuft, sind dafür sechs Milliarden Euro vorgesehen. Doch das Europaparlament und die EU-Staaten streiten sich immer noch über diesen riesigen Finanzrahmen mit einem Umfang von fast einer Billion Euro. Er wurde vom EU-Gipfel im Februar auf den Weg gebracht. Swoboda rügt das "unverantwortliche Handeln des Ministerrates", in dem die Mitgliedstaaten vertreten sind.

Der Gipfel soll auch Impulse geben, damit mittelständische Unternehmen wieder leichter bei ihren Banken an Geld kommen. Besonders im Süden des Kontinents macht diese Kreditklemme große Probleme - und belastet die europäische Wirtschaft insgesamt. Guy Verhofstadt, der streitbare Liberalen-Chef in der Volksvertretung, fordert deshalb, die europäischen Bankenunion noch energischer voranzutreiben. Das ist in der EU bereits eine riesige Baustelle, Kernstück ist die Aufsicht für Großbanken der Eurozone, die nächstes Jahr ihre Arbeit aufnehmen wird.

Der frühere belgische Regierungschef geht bei der Bankenunion mit den EU-Giganten Deutschland und Frankreich scharf ins Gericht. Berlin und Paris verwässerten das Vorhaben einer zentralen europäischen Abwicklungsbehörde für gestrauchelte Banken: "Sie wollen ein Patchwork nationaler Abwicklungsbehörden".

Reformtempo nicht drosseln

In einem gemeinsamen Papier von Frankreichs Staatspräsident François Hollande und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel von Ende Mai wird ein "einheitliches Abwicklungsgremium" gefordert, "das die nationalen Abwicklungsbehörden einbindet". Ein Kommissionsvorschlag, der mehr Klarheit in dieses Durcheinander bringen soll, liegt immer noch nicht vor - er soll nun in "einigen Wochen" kommen, aber offenbar erst nach dem Gipfel.

Verhofstadt warnt auch davor, angesichts nachlassender Finanzmarktturbulenzen das Reformtempo zu drosseln. Die Ankündigung der Europäischen Zentralbank vom vergangenen Jahr, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenstaaten aufzukaufen, habe zwar die Märkte beruhigt - aber auch die Hauptstädte.

Die EU-Staaten erlägen zudem "dem negativen Einfluss" von Wahlterminen. Das ist insbesondere auf Deutschland gemünzt, wo im September der Bundestag neu gewählt wird. Spitzenparlamentarier erwarten auch deshalb beim nächsten Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs kaum durchschlagende Reformergebnisse. (APA, 12.6.2013)