Die verglasten Loggien an der Sonnwendstraße im neuen Wohnhaus der Sozialbau kosten extra, entlasten aber die dahinter liegenden Wohnzimmerfenster.

Foto: Blaich Delugan

Die V-förmigen Stützen sind bewusst gewählter Luxus.

Foto: Blaich Delugan

Der steigende Druck auf den Wiener Wohnungsmarkt ist enorm. Das zeigt sich anhand zweier Wohnhäuser im Sonnwendviertel, die der gemeinnützige Bauträger Sozialbau dort zurzeit errichtet. Die Schlüsselübergabe steht unmittelbar bevor. "Unser Angebot umfasst 168 Wohnungen, doch zuletzt gab es bereits fast 9800 Vormerkungen", erinnert sich Vize-Generaldirektor Wilhelm Zechner. "Ich weiß nicht, wie wir die riesige Nachfrage nach günstigem Wohnraum in den kommenden Jahren abdecken sollen. Ich fürchte, da steht uns eine schwierige Aufgabe bevor."

Eines der beiden Projekte, um die es sich hier handelt, ist das Wohnhaus in der Hackergasse 7, geplant und entwickelt vom Wiener Architekturbüro Blaich Delugan in Zusammenarbeit mit dem deutschen Wohnbauforscher Joachim Brech (Gesamtbaukosten 14 Millionen Euro). Die Besonderheit daran: Alle Wohnungen werden mit sogenannter Superförderung vergeben. Das heißt: Der Finanzierungsbeitrag beträgt lediglich 53 Euro pro Quadratmeter, die monatliche Miete liegt bei 7,32 statt der sonst üblichen 8,11 Euro pro Quadratmeter. Zusätzlich zu den 89 Wohnungen gibt es ein Geschäftslokal, drei Büropraxen sowie eine 500 Quadratmeter große WG, die das Österreichische Hilfswerk für Taubblinde und hochgradig Hör- und Sehbehinderte (ÖHTB) betreiben wird.

Baulogistik mitgedacht

Wo billig vermietet wird, da muss auch billig gebaut werden. "Lauter gleiche Wandelemente und lauter gleiche Fensterformate, wie viele glauben, bedeutet aber nicht automatisch, dass man auch billig baut", meint Architekt Dieter Blaich. Und liefert prompt die richtige Rezeptur: "Baukosten kann man am besten sparen, indem man die Baulogistik beim Planen schon mitbedenkt und indem man die nötigen Anforderungen an Wärmedämmung, Schallschutz und Statik möglichst gleichmäßig auf alle Bauteile verteilt."

Zum Beispiel: Die verglasten Loggien zur stark befahrenen Sonnwendstraße sind nicht nur ein Beitrag zur Steigerung der Wohnqualität, sondern auch ein wichtiger Faktor in der Budgetkalkulation. Denn: "Natürlich kostet eine verglaste Loggia mehr als eine Loggia ohne Glas", so Blaich. "Doch dafür können wir den Schalleintrag in die Wohnung auf diese Weise bereits um zehn bis 15 Dezibel reduzieren, und das wiederum ist eine preisliche Entlastung für die dahinter liegenden Wohnzimmerfenster."

"Irgendwann ist Schluss"

Wichtig, meint der Architekt, sei auch eine gewisse konstruktive Stringenz sowie eine gute Kommunikation mit den Bauteillieferanten und den Baufirmen vor Ort. "Das gemeinsame Gespräch ist immer noch die beste und effizienteste Methode, um Geld zu sparen." Allerdings sei es wichtig zu wissen, wann es Zeit ist, den Rotstift wieder beiseitezulegen. Blaich: "Irgendwann ist Schluss mit dem Sparen, sonst schauen in Österreich noch eines Tages alle Häuser gleich aus. Und das will niemand."

Einen - wohlgemerkt verzichtbaren - Luxus habe man sich allerdings bewusst gegönnt. Es sind die V-förmigen Stützenarkaden im Erdgeschoß. "Konstruktiv betrachtet hätten wir diese Elemente auch einsparen können", sagt Blaich. "In architektonischer Hinsicht jedoch sind sie unverzichtbar, denn sie prägen das Gebäude und verleihen dem heute noch unbelebten Sonnwendviertel Identität und Intimität."

Ein Drittel barrierefrei "völlig ausreichend"

Geht es nach Sozialbau-Vize Zechner, so könnte man den sozialen Wohnbau in Wien noch viel effizienter errichten, als das derzeit der Fall ist. "Es gibt im geförderten Wohnbau einen Qualitätshype, der heute fast nicht mehr finanzierbar ist", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD. "Man investiert viel Geld dorthin, wo man es nie brauchen wird. Es wäre an der Zeit, sich zu überlegen, welche Vorschriften sinnvoll sind und welche nicht."

Eine Möglichkeit, Kosten zu reduzieren, wäre eine Überarbeitung der Brandschutz- und der Barrierefreiheitsvorschriften. "Es ist verständlich, dass man alle öffentlichen Flächen und Gemeinschaftseinrichtungen behindertengerecht zugänglich macht", sagt Zechner. "Aber niemand kann mir erklären, dass es notwendig ist, 100 Prozent der Wohnungen barrierefrei zu errichten, also mit allen dafür nötigen Rollstuhlwenderadien und Türdurchgangsbreiten." In Bayern sei man bereits dazu übergegangen, lediglich ein Drittel der Wohnungen pro Wohnhaus behindertengerecht zu errichten. Das sei völlig ausreichend, so Zechner.

Radständer statt Stellpatz

Der nächste bevorstehende Schritt werde der Verzicht beziehungsweise die Lockerung des verpflichtenden Stellplatznachweises für Pkws sein. Die Errichtung von Garagen schlägt in einem Wohnhaus immens zu Buche. In anderen Städten wie etwa Berlin ist man bereits klüger geworden. Statt eines Stellplatzes fürs Auto muss der Bauträger dort nur noch einen fürs Fahrrad vorweisen.

Dass das Geld immer knapper wird und die Zeit drängt, um den steigenden Wohnbaukosten einen Riegel vorzuschieben, beweist ein Blick auf das Verhalten der Mieter. "Der Anteil der Kunden, die Sonderwünsche haben, ist in den letzten Jahren gleich geblieben", sagt Zechner. "Doch die Summe der Maßnahmen wird kontinuierlich geringer. Ein hochwertiger Parkettboden im Wohnzimmer ist heute nicht mehr die größte Sorge." (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 13.6.2013)