Heinz Gärtner (Das Ende der Golan-Mission als Auftrag für eine weitere, DER STANDARD, 7./8. Juni) ist zuzustimmen: Es ist sinnvoll, in der neuen Fassung der Sicherheitsstrategie, unter dem Titel "engagierte Neutralität", Beitragsleistungen der Republik Österreich auch nach UN- Charter Kapitel VII vorzusehen. Und: Die Politik muss der Bevölkerung endlich klarmachen, dass solche Einsätze unter den Vorgaben von Nato, UNO und EU Kampfeinsätze sind.

Klar, dass der Abzug von Golan eher eine innenpolitisch motivierte Panikreaktion der beiden Parteizentralen, denn kluge Außenpolitik war. Dazu ist allerdings anzumerken, dass eine Bundesregierung die sich bereits bei Chapter VI-Einsätzen des Bundesheeres ernsthaft Sorgen um die Sicherheit österreichischer Soldaten macht und einen Abzug anordnet, wohl kaum in KapitelVII-Einsätze (Kampfeinsätze) gehen wird bzw. auch unter diesem Titel den Rückzug vom Golan angeordnet hätte. Denn zurückschießen könnten die UN-Soldaten im Sinne einer Selbstverteidigung auch unter Chapter-VI-Einsätzen. Nur hat noch jede Bundesregierung, und zuletzt in der Schweiz auch Bundespräsident Heinz Fischer, klar von der weiteren Beteiligung Österreichs an "friedenserhaltenden Einsätzen" gesprochen (also Peacekeeping) und somit nicht von "peace enforcement missions". In Sebrenica hat die UNO versagt und die verantwortlichen Kommandanten die zuließen, dass ihre Soldaten an Laternen angekettet wurden.

Bei den vom Sicherheitsrat angeordneten Chapter-VII -Einsätzen ging es darum "... to determine the existence of any threat to peace ... or act of aggression ... and to take military and nonmilitary action to restore international peace and security"). Das sind richtigerweise Kampfeinsätze gegen einen Aggressor (de facto Kriegshandlungen), wie 1950 in Korea und wie später in Afghanistan, Ost-Timor, dem Kongo, Ruanda, Sierra Leone, Angola, Somalia, Libyen etc.

Aber gerade solche Einsätze hatte jede Bundesregierung immer strikt abgelehnt, man erinnere sich etwa an den Wahlkampflärm, als Ferrero- Waldner 2004 diese Frage in den Raum stellte. Und Aggressoren bleiben bekanntlich geduldet, wenn ein Ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat gegen eine Intervention ein Veto einlegt. Dann kämen zwar Nato- und EU- Einsätze in Frage, aber gerade an solchen, nicht von der UNO angeordneten Einsätzen, wird man sich nicht beteiligen wollen. Denn die Rücksichtnahme auf Moskau und die Angst vor dem Boulevard bestimmten seit Jahren die (heute kaum mehr vorhandene) österreichische Außen- und Sicherheitspolitik, nicht Logik oder Rechtsmeinungen, daran wird sich nichts ändern. Zudem kam es auch seitens der EU noch zu keinem Einsatz der Battle Groups -abgesehen von zu zwei harmlosen polizeiartigen Kurzentsendungen. Allerdings hätte jeder Nato-, EU- oder UN- Chapter- VII-Einsatz insofern Konsequenzen, als es damit unausweichlich zu einer Parteinahme Österreichs kommen muss und davon auszugehen ist, dass sich damit die Frage nach einer Fortführung der "immerwährenden Neutralität" erübrigen würde.

Man erinnere sich nur etwa an die Gratwanderung Österreichs bei der Rhodesien-Resolution oder im Falle von Biafra. Kampfeinsatz auf fremden Boden und Neutralität gehen nicht zusammen, es sei denn man erfindet erneut Obskuritäten wie schon unter Schüssel ("Nato-Mitgliedschaft und Beibehaltung der Neutralität sind möglich").

Diese Debatte muss noch geführt werden ... (Friedrich Korkisch, DER STANDARD, 13.6.2013)