"Alone in the Dark" (Infogrames)

Erschienen: 1992

Genre: Survival-Horror/Action-Adventure

Plattformen: PC, Mac, 3DO

Foto: MobyGames

Die Serie begleitet den Privatdetektiv und Geisterjäger Edward Carnby.

Screenshot: derStandard.at/Pichler

Im verfluchten Anwesen "Derceto" gilt es Rätsel zu lösen und sich gegen allerlei Widersacher zu wehren.

Screenshot: derStandard.at/Pichler

Neben Gegnern wird man auch mit allerlei Rätseln konfrontiert. Hier gilt es, einer tanzenen Geistergesellschaft die passende Musik zu spielen.

Screenshot: derStandard.at/Pichler

Grandios gesprochen: Die Tagebucheinträge von Jeremy Hartwood.

 

Screenshot: derStandard.at/Pichler

Die meisten Kulissen sind liebevoll gestaltet.

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Das Inventarmanagement hingegen ist ein Graus.

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Auch in "Alone in the Dark" gilt: Smoke kills.

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Scheitert man, so wird man von einem Zombie abgeschleppt und einem dunklen Schicksal zugeführt.

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"Alone in the Dark 2" beginnt in einem Gartenlabyrinth voller schießwütiger Zombies.

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Teil 3 spielt in einer Geisterstadt.

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Nach längerer Pause erhielt die Serie 2001 eine vierte Ausgabe.

Foto: Atari

2009 folgte ein weiteres Comeback, in dessen Zuge Atari sich in ein PR-Desaster manövrierte.

Foto: Atari

Beinahe ein spiritueller Nachfolger von "Alone in the Dark": Capcoms "Resident Evil".

Foto: MobyGames http://mobygames.com/game/windows/resident-evil/screenshots/gameShotId,122901/

Als einer der besten Survival Horror-Titel der letzten Jahre gilt - zurecht - "Amnesia: The Dark Descent" von Frictional Games.

Foto: Frictional Games

Nach dem die "Games von Gestern" aufgrund defekter Zeitmaschine – der DeLorean hatte einen Motorschaden und Ersatzteile sind heutzutage rar – pausieren mussten, ist es wieder an der Zeit für einen Ausflug in alte Zeiten. Wir treten aufs Pedal und nehmen mit Vollgas Kurs auf das Jahr 1992.

Vorbild in Lovecraft'scher Tradition

Survival Horror begleitet uns in Spielen schon eine ganze Weile. Seit kurzem hat auch die Indie-Szene das Genre für sich entdeckt und betritt neue Pfade abseits der großen Serien wie "Resident Evil". Heute gilt es aber, eine andere Reihe zu beleuchten, die in vielerlei Hinsicht ein Vorbild für heutige Umsetzungen darstellt: "Alone in the Dark".

Eigentlich hätte der Titel ganz im Zeichen von H.P. Lovecrafts Cthulu-Mythos stehen sollen, "Call of Cthulu" war denn auch der Titel, unter welchem das Spiel zuerst entwickelt wurde. Der Absprung eines Produktionspartners und dem folgende Lizenzprobleme sollten aber schließlich zur Geburt einer eigenen Reihe führen, der man die Lovecraft'schen Wurzeln aber deutlich anmerkt.

Derceto

"Alone in the Dark" erzählt die Geschichte des privaten Ermittlers Edward Carnby. Wir schreiben das Jahr 1923 und der Detektiv ist finanziell am Boden. Da kommt ihm ein Auftrag aus dem ländlichen Louisiana mehr als gelegen. Dort hat sich ein angesehener Künstler namens Jeremy Hartwood vor nicht all zu langer Zeit erhängt. Ein reicher Antiquar begehrt nach Hartwoods Klavier, das sich nach wie vor in seinem Anwesen "Derceto" befinden soll.

Der Spieler macht sich wahlweise als Edward Carnby oder Hartwoods Nichte Emily auf die Suche nach dem Instrument.

Renderkulisse meets 3D-Figuren

Zu Beginn findet man sich im obersten Stockwerk des Anwesens wieder und wird prompt von einem skurrilen, Riesenratten-artigen Monster heimgesucht, das durch das Fenster eindringt. In Ermangelung einer Waffe muss dieser erste Gegner noch mit Schlägen und Tritten bedacht werden. Im weiteren Verlauf findet man jedoch verschiedene Helfer – vom Gewehr bis zum Schwert – und kann Widersacher auch mit Gegenständen bewerfen.

Umgesetzt ist das Spiel in Form vorgerenderter 2D-Kulissen mit fixen Kameraeinstellungen, sowie Polygon-Figuren in all ihrer gloriosen Grobschlächtigkeit des frühen 3D-Zeitalters. Ein Konzept, von dem sich die "Resident Evil"-Reihe offensichtlich inspirieren ließ. Vier Richtungstasten und ein Aktionsknopf reichen für Fortbewegung, Interaktionen und Kämpfe.

Auf der Flucht

Der Spieler kennt nur ein Ziel: Aus dem Haus zu entkommen. Selbiges will die der Piratengeist, der über Hartwoods Anwesen herrscht, natürlich verhindern. Und so lauern auf dem Weg durch die meist immer liebevoll umgesetzten Renderkulissen allerlei Rätsel, Widersacher und Todesfallen.

Wie in einem guten Adventure ist das Durchsuchen der Umgebung nach nützlichen Dingen und Hinweisen das Um und Auf, um die Flucht aus Derceto erfolgreich zu gestalten. Auffindbare Bücher und Tagebucheinträge informieren gleichsam über das okkulte Treiben im Haus wie auch über die letzten Monate von Jeremy Hartwood.

Grandiose Vertonung

Wenngleich viele der gefundenen Texte keine weitere Relevanz für das Fortkommen im Spiel haben, empfiehlt sich trotzdem ein Blick hinein. Denn "Alone in the Dark" verfügt über eine für seine Zeit exzellente Vertonung. Insbesondere die Schilderungen aus dem Leben von Hartwood sind stimmungsvoll eingesprochen und wecken Erinnerungen an die Schriftstücke aus "Amnesia: The Dark Descent".

Sie zeichnen den Verfall des Künstlers, während seiner Nachforschungen über seine Familie und erzählen mehr über die dunklen Geheimnisse von Derceto, die hier natürlich nicht gespoilert werden sollen. Die Sprachausgabe und Musik sowie Soundeffekte in guter Qualität gibt es allerdings nur auf der CD-Version des Titels.

(Video: "Alone in the Dark" - Intro)

Lösungswege

In seltenen Fällen bietet "Alone in the Dark" dem Spieler mehrere Lösungswege für ein Problem an. So finden sich in einem Speisezimmer gleich mehrere Zombies, die unter anderem eine Tür blockieren. Man kann nun die Untoten einfach bekämpfen, was aufgrund der schieren Gegnerzahl ein riskantes Unterfangen ist, oder man stellt einen Topf Suppe mit Menschenfleisch aus der Küche auf den Tisch und bittet die Untoten damit zu selbigem.

Gruselig, oder nicht?

Ein weiteres, für Horror-Games typisches Element sind geskriptete Ereignisse, von denen auch dieser Oldie häufig Gebrauch macht. Und zwar bevorzugt, um den Spieler unerwartet mit Gegern zu konfrontieren und unter Zugzwang zu bringen.

Gruseln wie einst fällt bei "Alone in the Dark" heute trotzdem schwer, auch am Abend bei abgedrehtem Licht und aufgedrehten Lautprechern. Denn zu weit ist die grafische Umsetzung mittlerweile von aktuellen Standards entfernt, zu abgehärtet ist der geübte Spieler durch viele andere Titel. Trotzdem ist die Atmosphäre, die der Klassiker bietet, einzigartig.

Ärger mit dem Inventar

Wahrlich zum Fürchten ist allerdings das Inventarmanagement. Der auffindbaren Gegenstände gibt es genug. Aber welche im weiteren Verlauf noch benötigt werden, lässt sich oft nicht voraussagen. Dementsprechend lästig ist das auf Gewicht basierende Limit. Nirgendwo wird angezeigt, wie viel ein Item wiegt oder wie viel der Protagonist tragen kann. Erreicht man die aber die Belastungsgrenze, muss man damit beginnen, Dinge abzulegen, um andere aufnehmen zu können.

Das wiederum führt dazu, dass sich mit der Zeit diverser Kram über die verschiedenen Räume verteilt. Geht man daran vorbei, poppt stets ein kleiner Dialog auf, der das Aufnehmen anbietet oder über die Überlastung des Spielers informiert. Es sei denn, man wechselt vorausschauend in den Kampf-Modus.

Kämpfen wie damals

Dieser erinnert in seiner Umsetzung an den Sportklassiker "4D Sports Boxing". Mit der Aktionstaste wird das eigene Alter Ego in Schlagbereitschaft versetzt, mit den Richtungstasten gibt man vor, ob getreten oder geboxt bzw. geschossen wird. Nahkämpfe lassen sich damit gut bewältigen, beim Gebrauch von Schusswaffen wird es jedoch problematisch.

In Ermangelung eines Fadenkreuzes oder einem ähnlichen Hilfsmittels ist aufgrund der jeweiligen Perspektive oft nur sehr schwer einzuschätzen, wohin man eigentlich zielt. Im ersten Teil von "Alone in the Dark" ist das noch verschmerzbar, lässt sich doch praktisch jeder Widersacher auch ohne Gewehr oder Revolver bezwingen.

"Alone in the Dark 2" (1993) und auch Teil 3 (1994) verfügen jedoch über zahlreiche Gegner, die selbst mit Schießeisen bewaffnet sind. Weil in den Nachfolgetiteln die Steuerung flotter reagiert, verkommt das Zielen in diesen Spielen zu einer Art Roulettespiel – jedenfalls unter den DOS-Box-Einstellungen, mit denen die Kaufversion von Good Old Games konfiguriert ist.

Carnbys Karriere als Geisterjäger

Die zwei unmittelbaren Nachfolger des ersten Teils sind in puncto Handlung unterschiedlich aufgebaut. Statt einem Schauplatz gibt es nun mehrere, die kapitelweise abgearbeitet werden. Handelnde Figur ist weiterhin Edward Carnby, der sich mittlerweile auf paranormale Aktivitäten spezialisiert hat. Zwischendurch schlüpft man in Teil 2 auch in die Rolle des entführten Mädchens Grace Saunders.

In "Jack in the Dark", einem Teaserspiel zu "Alone in the Dark 2" erforscht man ebenfalls als Grace Saunders einen Laden mit zum Leben erwachten Spielzeugen und muss Santa Claus vor einem bösen Schachtelmännchen retten. "Alone in the Dark 3" versetzzt in eine Geisterstadt im Wilden Westen. Dort gilt es, das Schicksal einer verloren gegangenen Filmcrew aufzuklären, zu der auch Emily Hartwood gehört.

Vom Detektiv zum "Schattenjäger"

Es sollte sieben Jahre dauern, bis Infogrames die Reihe wieder zum Leben erweckte. 2001 kehrte Edward Carnby in "Alone in the Dark: A New Nightmare" zurück, diesmal mit einer Handlung, die im gleichen Jahr angesiedelt war. Weil ein über 100 Jahre alter Geisterjäger freilich ein wenig überzeugender Hauptdarsteller wäre, wurde die Hintergrundgeschichte der Reihe ordentlich umgebaut.

Carnby wurde kurzerhand angedichtet, zu den "Schattenjägern" zu gehören, die alle 40 Jahre am 29. Februar neu geboren werden und unter dem gleichen Namen in einem Waisenhaus aufwachsen. Spielerisch hielt Entwickler Darkworks sich an die Vorgaben des Originals und setzte – mit einer neu entwickelten Engine, die für ihre realistischen Schattenberechnungen gelobt wurde – abermals eine Szenerie aus vorgerenderten Kulissen und dreidimensionalen Figuren um.

Boll liefert Filmumsetzung

Ähnlich wie die ursprüngliche Trilogie wurde auch der "neue Albtraum" von der Presse mit überdurchschnittlichen bis guten Noten bedacht. Für den 2005 veröffentlichten Film, der an die Handlung aus "A New Nightmare" anknüpfte, kann das allerdings nicht gesagt werden. Hier hält der Name des Produzenten und Regisseurs in Personalunion - Uwe Boll - was er verspricht.

Die Zeitung San Francisco Chronicles adelte den Streifen mit dem Titel "schlechtester Film, der je gemacht wurde". Dazu gesellen sich zwei Nominierungen zur "Goldenen Himbeere" und zwei "Stinker"-Awards. Der Nachfolger, der 2009 von einem anderen Team umgesetzt wurde, landete direkt auf DVD und blieb dem Kinopublikum erspart.

(Video: Alone in the Dark - Movie Showreel)

Mäßiges Comeback

2008 wurde der bisher letzte Teil unter dem einfachen Namen "Alone in the Dark" veröffentlicht, Infogrames war mittlerweile im Besitz von Atari und als Marke eingestellt worden. Entwickler Eden Games hatte sich einiges vorgenommen und um Vorfeld des Releases in mehreren Techdemos die Manipulierbark verschiedener Gegenstände gezeigt. Insbesondere der Umgang mit Feuer sollte eine wichtige Rolle spielen.

Trotz guter Ansätze litt der fertige Titel jedoch unter einer problematischen Steuerung und einer Reihe anderer Defizite. In der Presse wurde zwar der erzählerische Kern grundsätzlich gelobt, aufgrund der diversen Unzulänglichkeiten hagelte es jedoch großteils unterdurchschnittliche Wertungen. Als Reaktion ging Atari auf die Berichterstatter los und manövrierte sich in ein veritables PR-Desaster.

(Video: Alone in the Dark - Trailer)

Atari vs. 4Players

Im deutschprachigen Raum brachte es der Fall 4Players.de zu besonderer Bekanntheit. Das Onlinemagazin hatte das erste Review zu "Alone in the Dark" veröffentlicht und dem Spiel eine eine Wertung von 68 Prozent verliehen. Atari klagte das Magazin und unterstellte, das zum Testen eine Raubkopie verwendet wurde, weil die Redaktion gar nicht bemustert worden war.

Seitens 4Players wehrte man sich und gab an, sich das Spiel von einem Händler besorgt zu haben, der den Titel wie üblich bereits ein paar Tage vor dem offiziellen Veröffentlichungstermin im Lager hatte. Nach einem kurzen Hin und Her realisierte der Publisher offenbar, dass die eigene Vorgangsweise keine besonders gute Idee war und zog sämtliche Anschuldigungen und die Klage zurück.

Heute ist Atari mehr oder weniger Geschichte. Im Januar meldete die US-Abteilung Insolvenz an, im Mai stand schließlich fest, dass der Konzern zerschlagen wird.

Vorbildfunktion für "Resident Evil"

Wie bereits erwähnt dient "Alone in the Dark" als Inspiration für eine Reihe moderner Titel. Allen voran für Capcoms "Resident Evil"-Reihe, die 1996 auf der PlayStation Premiere feierte. Seither ist zumindest einmal pro Jahr ein Spiel unter diesem Franchise erschienen, insgesamt sind es bereits weit über 20. Der jüngste Teil Resident Evil 6", gilt als grafisch gelungen aber spielerisch ausgesprochen schwach und monoton.

Die Geschichte um die Umbrella Corporation und einen mysteriösen Virus hat wie "Alone in the Dark" ebenfalls den Sprung auf die Leinwand geschafft. 2002 erfreute die Verfilmung mit Hollywood-Star Milla Jovovich erstmals die Herzen von Freunden leichter Actionkost. Es sollten vier weitere Streifen folgen, die unterschiedlich gut in den Kritiken abschnitten. "Resident Evil" gilt als bislang erfolgreichste Serie unter den Spielverfilmungen.

Silent Hill

Erwähnt werden muss natürlich auch ein naher Verwandter von "Resident Evil". 1999 rief Konami mit "Silent Hill" den wohl bekanntesten Konkurrenten ins Leben. Als Harry Mason begibt man sich auf die Suche nach seiner kleinen Tochter, die in der titelgebenden US-Kleinstadt verschollen ist.

Ein wesentlicher Unterschied zu Capcoms Zombieapokalypse besteht darin, dass "Silent Hill" deutlich Rätsel-lastiger ist und dem Spieler mitunter vor bockschwere Herausforderungen stellt. Das Franchise besteht mittlerweile aus neun Spielen und zwei Filmen.

Keine Zukunftssorgen

Das Genre des Survival Horrors profitiert heute stark von den Fortschritten, die die Spielegrafik in den vergangenen Jahrzehnten gemacht hat. Viele Titel verzichten mittlerweile auf die 3rd-Person-Perspektive und setzen auf Egoperspektive. Darunter auch die Indieproduktion "Amnesia: The Dark Descent", die man getrost als modernen Meilenstein seiner Gattung bezeichnen darf.

Wagt man einen Blick in die Zukunft, muss man sich zumindest für die nächsten Jahre wohl keine Sorgen um das Genre machen. Uns erwarten interessante Experimente wie "Among the Sleep", das den Spieler in die Rolle eines kleinen Kindes schlüpfen lässt. Eine Hommage an Filme wie "The Descent" versprechen hingegen die Entwickler von "The Forest".

"Slenderman", ein im letzten Jahr stark gehypter Titel, der sich von einer Urban Legend inspirieren lässt, erhält bald einen Nachfolger. Und "Darkwood" soll künftig beweisen, dass man Spielern auch in guter, alter 2D-Grafik ordentlich Angst einjagen kann. (Georg Pichler, derStandard.at, 16.06.2013)

Update: 17.06., 0:30 Uhr - Korrektur zu "Resident Evil" eingefügt