"Favela Café" von Tadashi Kawamata vor der Messehalle.

Foto: Thomas Trenkler

Matt Mullicans riesige Bildwand in der "Unlimited".

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Securitas-Mann als Aufputz für die Kanone von Jeff Koons.

 

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Baloise-Kunstpreis für Jenni Tischer.

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Zum Leichenwagen umgebauter Jaguar von François Curlet.

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Das Nebeneinander von Arm und Reich könnte nicht augenfälliger sein: Am Messeplatz von Basel ließ Tadashi Kawamata, bekannt für seine architektonischen Interventionen, aus allerlei Sperrholz und angerostetem Wellblech ein Favela Café zimmern. Nach der Art Basel wird dieses am Ufer des Rheins aufgestellt - und einen schönen Gegensatz zur herausgeputzten Stadt bilden. Am Messeplatz aber, direkt neben BMW VIP Car Service mit den schwarzen 7er-Limousinen, hatte die Schein-Favela, die nur der Entspannung der Kunstliebhaber und Bestverdiener diente, auch etwas entsetzlich Zynisches. Der Prototyp der Hütten kostete bei Annely Juda aus London übrigens 39.000 Euro.

Aufgrund der neuen, äußerst edlen, trotz der Dimensionen unaufdringlichen Halle von Herzog & de Meuron konnte die Art Basel heuer noch einmal größer werden. Denn der riesige Riegel hin zur Stadt beherbergte u. a. die Statements, einen Bereich mit gleich großen Ständen für Solopräsentationen. Heuer gab es 300 Bewerbungen, 24 junge Positionen wurden ausgewählt. Hubert Winter stellte Judith Fegerl vor, die Starkstrom durch Drähte in den Rigipswänden gejagt hatte. Das Ergebnis sind zarte Verbrennungslinien.

Die Installation Cauter hätte den Baloise-Kunstpreis durchaus verdient; die Jury zeichnete aber den Südafrikaner Kemang Wa Lehulere aus - und Jenni Tischer. Die Deutsche gestaltete den Stand der Galerie Krobath mit einer Vielzahl geometrischer Objekte, darunter das Wiener Geflecht. Tischer hatte in Wien bei Dorit Margreiter studiert, Teil des Preises ist eine Ausstellung im Mumok.

Für die Unlimited, das Areal der Großformate, stand erstmals die gesamte alte Halle 1 zur Verfügung. Sie wirkte, auch wegen der klaren Ausstellungsarchitektur, wie aus einem Guss. Neben Skulpturen (z. B. von Lygia Clark) lag der Schwerpunkt auf audiovisuellen Arbeiten (z. B. von Florian Pumhösl). Eine der markantesten Arbeiten stammte von François Curlet: Er baute einen klassischen Jaguar E Type zum Leichenwagen um. Transportiert werden können mit ihm wohl nur Kindersärge, doch darum geht es nicht: In seinem Video schickt Curlet einen Pompfüneberer in ebendiesem Jaguar auf eine Odyssee durch ein morastiges, menschenleeres Gebiet. Das erinnert ziemlich an Kafka. Erlösung gibt es zudem nicht: Nach acht Minuten beginnt die Irrfahrt von neuem. Das Video kostete bei Micheline Szwajcer aus Antwerpen 35.000 Euro, inklusive Auto etwa 190.000 Euro.

Von Kader Attia war auf der Unlimited ein Teil seines Documenta- Beitrags, die Dia-Show The Repair, zu sehen. Attia stellt darin eine Verbindung zwischen dem Reparieren von Alltagsgegenständen in Afrika und chirurgischen Eingriffen nach argen Gesichtsverletzungen im Ersten Weltkrieg her. Diese zusammengeflickten Köpfe kontrastiert er mit Masken. Nichts für Zartbesaitete. Ursula Krinzinger, die Attia schon vor Jahren in Wien gezeigt hatte, verkaufte mehrere seiner zerbrochenen und kunstvoll "genähten" Spiegel (bis zu 90.000 Euro).

Als Eyecatcher diente auf der Unlimited aber eine wirklich riesige, gelb-schwarze Bildwand von Matt Mullican (um 400.000 Euro bei der Mai 36 Galerie aus Zürich). Der kalifornische Künstler war auf der Messe äußerst gut vertreten - genauso wie Robert Longo, von dem es viel frische Ware gab. Hans Mayer aus Düsseldorf z. B. verkaufte einen Hollywood-Schriftzug um eine halbe Million Dollar. Seinen Stand aber beherrschte eine gewaltige Skulptur der US-Flagge von 1990 um 950.000 Dollar. Auch Heimo Zobernig stach mehrfach ins Auge - mit Bildern aus 2013 um 65.000 Euro.

Bei Acquavella gab es gleich drei kleine Ölgemälde von Lucien Freud (4 bis 5,5 Millionen Dollar), Helly Nahmad bot zwei Mark Rothkos an, das kleine Bild von 1958 um vier Millionen Dollar.

Wie im Vorjahr hatte Marlborough Fine Art einen Securitas-Mann engagiert. Er bewachte ein Gemälde von Francis Bacon von 1962, das gar nicht zum Verkauf stand: Es sollte den Blick auf eine Henry-Moore- Plastik (9,85 Millionen Dollar) lenken. Die Gagosian Gallery toppte mit zwei Securitas-Männern. Sie dienten nur als Aufputz, denn man konnte weder das Wandrelief mit Vogel von Jeff Koons (um 6,5 Millionen Dollar) noch dessen Kanone, aus der Blumen sprießen, mitgehen lassen.

Jeppe Hein verkündete in Neonbuchstaben (um 30.000 Euro) die frohe Botschaft "Happiness Does Not Come From Accumulating Things". Die Sammler schenkten ihm aber keinen Glauben. Jane Kallir verkaufte u. a. fünf Studien von Egon Schiele zum Porträt Fritz Haberditzl als Gruppe um etwa eine Million Dollar. Und Thaddaeus Ropac war praktisch "sold out": Die neuen Bilder von Georg Baselitz gingen um 950.000 bzw. 450.000 Euro weg, das Terrarium von James Rosenquist von 1977 brachte zwei Millionen Dollar.

Auch die anderen österreichischen Galerien zeigten sich mehr als zufrieden. Mezzanin setzte erfolgreich auf Stephen Prina, der für die Art Basel die subtile Aktion 45 minutes entwickelt hatte. Rosemarie Schwarzwälder verkaufte u. a. eine große Arbeit von Heinrich Dunst, Martin Janda einen 20-teiligen Zyklus von Roman Ondak - und Georg Kargl alles Verfügbare von Gerwald Rockenschaub um 14.000 bis 20.000 Euro. (Thomas Trenkler, Album, DER STANDARD, 15./16.6.2013)