Warschau/Moskau - Die parlamentarische Arbeitsgruppe zur Untersuchung des Absturzes der polnischen Regierungsmaschine in April 2010 bei Smolensk (Russland) wird Anzeige wegen möglicher Fälschung der Kopien der Aufnahmen aus dem Flugschreiber der verunglückten Tupolew 154M erstatten. Die Gruppe, die von Abgeordneten der polnischen nationalkonservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) ins Leben gerufen wurde, berief sich dabei auf die Untersuchungen des russischen Föderalen Sicherheitsdienstes FSB.

Die Aufnahmen, die von den FSB-Experten durchgeführt worden war, seien manipuliert worden, behauptete der Chef der Gruppe, der PiS-Abgeordnete Antoni Macierewicz. Vor Journalisten erklärte er, dass es verschiedene Kopien der Flugschreiber-Aufnahmen gebe, die sich in Schlüsselmomenten, insbesondere in den letzten zwei Minuten voneinander unterscheiden. Macierewicz betonte, dass die von der FSB untersuchten Aufnahmen um 20 Sekunden länger seien als diejenigen, die polnische Experten bekommen hatten. Man könne nachträglich digital durchgeführte Änderungen bei den Aufnahmen nicht ausschließen", so Macierewicz.

Brief an Rasmussen

Macierewicz kündigte zudem an, dass die Arbeitsgruppe einen Brief an NATO-Chef Anders Fogh Rasmussen senden werde. Darin wolle man die NATO bitten, einen Weg zu finden, der die "Untersuchung der Tragödie ermöglichen würde". Bei dem Flugzeugabsturz waren auch NATO-Offiziere ums Leben gekommen. Rasmussen hatte während seines Besuchs in Polen im Juni jedoch erklärt, dass die Rückgabe des Wracks eine Frage der bilateralen polnisch-russischen Beziehungen sei.

Mitglieder der von der polnischen Regierung berufenen Sondertruppe zur Aufklärung der Smolensk-Katastrophe wollten die Mutmaßungen Macierewiczs nicht bestätigen. Piotr Lipiec aus dem Gremium erklärte gegenüber Journalisten, dass polnische Experten Kopien der Aufnahmen aus zwei russischen und einem polnischen Flugschreiber, der in Polen abgelesen worden war, miteinander verglichen und dabei keine Abweichungen feststellten konnten.

Beim Flugzeugabsturz vor der westrussischen Stadt Smolensk waren am 10. April 2010 alle 96 Insassen der Maschine ums Leben gekommen, darunter der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski, dessen Ehefrau, das gesamte Armeekommando und zahlreiche weitere hohe Staatsfunktionäre. Die polnische Regierungskommission, die im Juli 2011 ihren Bericht veröffentlichte, sieht Fehler der Piloten als wesentliche Ursache für den Absturz. Die russische Seite weigert sich, die Flugschreiber und das Wrack der Maschine Polen zurückzugeben. (APA, 14.6.2013)