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Petr Necas am Donnerstag im Prager Parlament

Foto: REUTERS/Petr Josek

Tschechische Ermittlungsbehörden haben am Freitag eine Stellungnahme zu den jüngsten Razzien und Festnahmen im Umfeld der Regierung abgegeben. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz der Polizeiabteilung zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens (ÚOOZ) und der federführenden Oberstaatsanwaltschaft Olmütz wurden erste Details zu dem großangelegten Polizeieinsatz bekannt, der am Donnerstag die politische Szene in Prag erschüttert hatte.

Den Ermittlern zufolge gab es bis Freitagmittag sieben Beschuldigte in zwei verschiedenen Affären: Zum einen soll Jana Nagyová, die Büroleiterin von Premier Petr Nečas, Angehörige des Militärgeheimdienstes dazu angestiftet haben, die Frau von Nečas und eventuell weitere Personen zu be­spitzeln. In diesem Zusammenhang stehen neben der Festnahme Nagyovás auch Verhaftungen im tschechischen Verteidigungsministerium.

Mutmaßungen über Affäre

Zu Nagyovás möglichen Motiven gab es zunächst keine offiziellen Stellungnahmen. In Tschechien gibt es seit längerer Zeit Vermutungen über ein privates Verhältnis zwischen ihr und Nečas, der von seiner Frau getrennt lebt.

Die Partei Top 09, der wichtigste Koalitionspartner von Nečas' Bürgerdemokraten (ODS), sieht mo­mentan keinen Grund für einen Rücktritt des Premiers. "Wenn aber Nečas davon gewusst oder die Sache sogar in Auftrag gegeben hat, dann müsste er natürlich gehen", erklärte Top-09-Chef Karl Schwarzenberg. Die Chefin der Lidem-Partei, Karolina Peake, meinte hingegen, ihr Vertrauen in Nečas sei unter dem Gefrierpunkt.

Die andere Causa, in die die Razzien vom Donnerstag Licht bringen sollten, bezieht sich auf drei ehemalige Abgeordnete der ODS. Alle drei galten als Partei­rebellen, die ein Steuerpaket der Regierung zu Fall bringen wollten. Kurz vor der Abstimmung im Parlament legten sie ihr Mandat zurück, ermöglichten damit einen Sieg der Regierung und fanden sich wenig später auf lukrativen Posten im Umfeld staatsnaher Betriebe wieder. Die Ermittler räumten ein, dass der Kreis der Verdächtigen sich noch ausweiten dürfte auf Personen, die den ehemaligen Abgeordneten Angebote vorgelegt oder vermittelt haben. Auch in diesem Zusammenhang wurde Nagyová genannt.

Premier Nečas hat am Freitag erneut jegliche Schuld von sich gewiesen und einen Rücktritt abgelehnt. Zu den Vorwürfen gegen Nagyová äußerte er sich nicht, gut dotierte Jobs für Exabgeordnete seien kein Grund zur Kriminalisierung.

Bei den Razzien waren am Donnerstag insgesamt acht Personen verhaftet worden. Hausdurchsuchungen gab es unter anderem im Regierungsamt, im Verteidigungsministerium, im Prager Stadtmagistrat und in der staatlichen Forstverwaltung. Auch Safes einer tschechischen Bank wurden geöffnet. Beschlagnahmt wurden neben zahlreichen Dokumenten auch große Bargeldmengen sowie mehrere Dutzend Kilo Gold. Die oppositionellen Sozialdemokraten haben Nečas zum Rücktritt aufgefordert – andernfalls drohen sie mit einem Misstrauensantrag. (DER STANDARD, 15.6.2013)