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Laut Anklageschrift wäre die Gelddruckerei nach ihren Verlustgeschäften in Singapur 2005 "ohne die Aufträge von Aserbaidschan und Syrien nicht überlebensfähig" gewesen.

Foto: APA/Artinger

Wien - Die Anklage rund um die Schmiergeldaffäre in der Gelddruckerei (OeBS) enthält starken Tobak. Auf 83 Seiten erhebt und begründet der Staatsanwalt die Vorwürfe gegen die Ex-Manager der Notenbanktochter, zwei (Ex-) Rechtsanwälte und Aufsichtsratschef Wolfgang Duchatczek; insgesamt sind wie berichtet acht Personen angeklagt. Darunter ist auch der Ex-Chef der Münze Österreich; ihr Aufsichtsratschef ist ebenfalls OeNB-Vizegouverneur Duchatczek. Die Justiz nimmt an, dass sich Gelddrucker und Münzpräger mit Bestechungsgeldern Aufträge in Aserbaidschan und Syrien erkauft haben. Der Exchef der OeBS und eine Managerin haben das gestanden. der Standard betont, dass für alle die Unschuldsvermutung gilt.

Was für die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) extra peinsam ist: Wird die Anklage rechtskräftig, landen auch ihre Töchter OeBS und Münze gemäß Unternehmensstrafrecht vor dem Richter. Laut Anklageschrift, die dem Standard vorliegt, wurden die Straftaten der leitenden Angestellten nämlich zum Vorteil der OeNB-Töchter begangen, "ohne die Aufträge aus Aserbaidschan und (später) Syrien wäre die OeBS ... nicht überlebensfähig gewesen". Zudem will der Staatsanwalt 3,8 Mio. Euro von der OeBS für verfallen erklären lassen; in dem Fall würde das Geld beim Bund landen. Um diesen Betrag habe sich die Druckerei bereichert.

Strafrechtliche Vorwürfe

Die Palette der strafrechtlichen Vorwürfe hat es in sich. Neben Untreue, Bestechung. Geldwäsche und Bilanzfälschung (bzw. Beihilfe dazu) müssen sich bis auf einen OeBS-Mitarbeiter alle Angeklagten sogar der Bildung einer kriminellen Vereinigung verantworten - ein Tatbestand, der in Wirtschaftscausen noch kaum angewandt wurde. "Mag sein, dass der Gesetzgeber bei der Formulierung dieses Tatbestands keine Manager als Täter vor Augen hatte", schreibt denn auch der Ankläger, " nichtsdestotrotz" sei der Tatbestand erfüllt. Das "gesamte angeklagte Konstrukt wurde von einer ... gelebten Vereinbarung getragen, die bereits 2005 abgeschlossen worden war". Ihr Ziel: "Die Angeklagten wollten Bestechungszahlungen leisten, um im Geschäft zu bleiben." Sie würden "den öffentlichen Frieden in Österreich gefährden".

Der sei nämlich durchaus "gefährdet, wenn sich Manager einer 100- Prozent-Tochter der OeNB zusammenschließen, um ausländische Beamte/Amtsträger zu bestechen. Die Erwartungshaltung und das Vertrauen der österreichischen Bevölkerung werden massiv erschüttert, wenn sich gerade ein - in Wahrheit - staatliches Unternehmen über die vom Staat aufgestellten Strafrechtsregeln hinwegsetzt." Sätze, die sich die Notenbanker wohl kaum hinter den Spiegel stecken dürften.

Deren Vizechef Duchatczek, über dessen Abberufung am Dienstag beraten wird, bestreitet die Vorwürfe, sein Anwalt Gabriel Lansky überlegt noch, ob er Einspruch gegen die Anklage erheben wird.

Der Staatsanwalt glaubt Duchatczek, der u. a. vom Ex-OeBS-Chef und Unterlagen belastet werde, nicht. Er meint, dass er als "engagierter Aufsichtsratsvorsitzender" über die Vorgänge informiert wurde und "er die Entscheidung fällte, den Vertrag mit der aserischen Notenbank zu den von diesen oktroyierten Bedingungen (20 Prozent Preisaufschlag, der von Wien wieder an die Aseris zurückfloss; Anm.) zu akzeptieren." Und: Er habe seine Pflicht, "malversiven Handlungen entgegenzutreten", nicht erfüllt.

Facettenreich nachgezeichnet ist, wie die "Provisionen" genannten Gelder aus der OeBS hinausexpediert wurden. Das lief via panamesischer Briefkastenfirma Venkoy von Ex-Anwalt Friedrich F., dem sein Kollege Klaus A. half. Venkoy habe Scheinrechnungen ausgestellt, die angeklagten Anwälte hätten das Geld dann an Gesellschaften der aserischen Notenbanker geleitet. Für ihre "Geldwäscheaktivitäten" kassierten sie 1,5 Mio. Euro. Und: Sie "haben die Hilflosigkeit der OeBS aus ... Geldgier ausgenützt."

Verfahren gegen Aseris

Die Aseris waren mitunter ziemlich possessiv. Ende 2006, so sagte Anwalt A. aus, habe ein aserischer Notenbanker solchen Druck auf die für die Geldübermittlung zuständige OeBS-Managerin ausgeübt, dass er, A., die von der OeBS noch gar nicht bei ihm eingelangte Provision selbst auslegte und "dieser andringenden Person" übergab.

Ermittelt wird in Wien nun auch gegen zumindest drei aserische Notenbanker - wer sonst noch Geld kassiert hat, ist noch nicht klar. Der Schaden, den die Notenbank in Baku hat, schon. Ihn beziffert die Justiz mit 17,4 Mio. Euro. (Renate Graber, DER STANDARD; 15.6.2013)