Poker fällt in Österreich unter das Glücksspielgesetz. Theoretisch bräuchte man für den Betrieb eine Lizenz, praktisch wurde vom Finanzministerium aber noch keine ausgeschrieben. Gespielt wird trotzdem.

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Wien - Eine Niederlage kann sich Peter Zanoni nicht leisten. Der Chef der Concord Card Casinos, die in ganz Österreich Pokersalons betreibt, ist mit einer Steuernachforderung von rund 140 Millionen Euro konfrontiert. Eine Summe, die er nie wird stemmen können, wie Zanoni selbst zugeben muss. Wie die gigantische Summe zustande kommt? Zanoni und die Finanz sind grundsätzlich anderer Auffassung, wie das Glücksspielgesetz auszulegen ist.

Die Finanz ist der Rechtsansicht, die Glücksspielabgabe in Höhe von 16 Prozent müsse von den Einsätzen der Pokerspieler berechnet werden. Zanoni sieht sich als reinen Dienstleister, der den Spielern die Pokertische zur Verfügung stellt und dafür eine Gebühr verlangt - etwa drei bis 3,5 Prozent der Einsätze. Folglich könne er nie eine 16- prozentige Steuer berappen, erklärt Zanoni. Er hat gegen die Steuervorschreibungen beim Unabhängigen Finanzsenat berufen und beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eine Beschwerde gegen das Glücksspielgesetz eingebracht.

Was die Sache noch komplizierter macht: Im Gegensatz zu den Kasinolizenzen wurde jene für das Pokerspiel noch nicht einmal ausgeschrieben. Verliert Zanoni seinen Rechtsstreit, müsste er wohl umgehend seine Pokersalons schließen. Schon die letzte Bilanz konnte nur mit Verweis auf die Hoffnung, der VfGH werde das Gesetz aufheben, erstellt werden. Ansonsten hätte der Poker-Marktführer längst Insolvenz anmelden müssen.

Gültige Rechtslage seit 2010

Die seit 2010 gültige Rechtslage beschäftigt aber nicht nur Zanoni, sondern die gesamte Glücksspielbranche: Kasinolizenzen wurden erstmals ausgeschrieben, einige Bundesländer vergaben Konzessionen für das kleine Glücksspiel (max. zehn Euro Einsatz). Die Folge: Die Konzentration nimmt weiter zu. Kleine Automatenhallen ohne Lizenz werden zunehmend von der Finanzpolizei aus dem Verkehr gezogen. "Natürlich profitieren davon jene, die legal Automaten aufstellen dürfen, also Novomatic und die Casinos-Tochter Winwin", sagt Andreas Kreutzer von der Marktforschungsfirma Kreutzer Fischer & Partner.

Der niederösterreichische Konzern Novomatic kam bisher bei allen Landesausschreibungen zum Zug - in Niederösterreich bekam man die einzige Lizenz, in Oberösterreich und Kärnten eine zweite. Wobei man in Oberösterreich auch vom zweiten Konzessionsinhaber, der PA Entertainment & Automaten AG des steirischen Unternehmers Helmut Polanz, profitiert. An der H. Polanz GmbH ist Novomatic nämlich über Töchterunternehmen zu 50 Prozent beteiligt.

Bestens vernetzt ist Novomatic aber nicht nur mit der Konkurrenz, sondern auch mit der Politik. Lobbyingtätigkeiten über Peter Hochegger aus dem Jahr 2006 beschäftigen noch immer die Justiz. Zur niederösterreichischen Politik wird den Gumpoldskirchnern ein guter Draht unterstellt, EU-Kommissar Johannes Hahn war einst Novomatic- Vorstandsmitglied und zuletzt sorgte das Engagement von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer für den Aufsichtsrat der Deutschland-Tochter für Diskussionen. Wirtschaftlich läuft es bestens: Von Jahr zu Jahr werden Rekordergebnisse eingefahren - die aber auch stark mit dem Auslandsgeschäft zusammenhängen. 2012 lag der Gewinn bei 194 Millionen Euro.

Staatsbeteiligung

Wieder erholt hat sich zuletzt die Casinos-Austria-Gruppe. Sie hat zwar keine Landeslizenzen, darf aber über die Lotteriekonzession Automatensalons (Winwin) betreiben. Österreichweit gibt es 13 Standorte mit 833 Terminals. Die Umsätze konnten im Vorjahr um 16 Prozent gesteigert werden. Bei den Kasinolizenzen ist man noch immer Monopolist. Das Stadtpaket (sechs Kasinos) darf man bereits fix für die nächsten 15 Jahre weiterbetreiben. Das Landpaket (auch sechs Standorte) und drei Einzelkonzessionen (zwei in Wien, eine in NÖ) werden in den nächsten Monaten vergeben.

Die Nähe zur Politik ist bei den Casinos noch offensichtlicher. Indirekt ist der Staat - über die Münze Österreich - sogar mit einem Drittel beteiligt. Der Raiffeisen-Sektor ist über die Uniqa-Versicherung an Bord. Ex-ÖVP-Chef Josef Pröll gehört seit Mai dem Casino-Aufsichtsrat an - ebenso der frühere FMA-Vorstand Kurt Pribil, der im Juli ins Direktorium der Notenbank wechselt. Allgemein erwartet wird, dass die Casinos Austria das Landpaket bekommt, Novomatic zumindest eine der Einzelkonzessionen. Sollte Novomatic in Wien eine Kasinolizenz bekommen, könnten dort drohende Verluste aus dem Automatenspiel zumindest teilweise kompensiert werden. Wien hat sich bekanntlich gegen die Vergabe von Lizenzen für das kleine Glücksspiel ausgesprochen, das Verbot gilt ab 2015.

Ein rechtlicher Graubereich ist nach wie vor das Online-Glücksspiel. Streng genommen dürfte es nur von den Lotterien (Win2day) angeboten werden. Laut Kreutzer liegt ihr Markanteil aber nur mehr bei knapp 50 Prozent - 2009 waren es noch 57 Prozent. Wettplattformen wie Bwin.Party oder Bet-at-home, die in Gibraltar gemeldet sind, lukrieren einen immer größeren Teil der 2,4 Milliarden, die laut Kreutzer pro Jahr online umgesetzt werden. Bei den klassischen Sportwetten - sie gelten in Österreich nicht als Glücksspiel - verloren die Genannten zuletzt aber Marktanteile. Hier liegt Admiral Sportwetten, eine Novomatic- Gesellschaft, mit einem knappen Drittel Marktanteil mit Abstand auf Platz eins. (Günther Oswald, DER STANDARD, 15.6.2013)