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Die Wii U kommt nur schwer in die Gänge. Das ändert sich, wenn erst einmal die großen Spiele da sind.

Foto: REUTERS/David McNew

Nintendo hatte die Chance, auf der vergangenen Videospielmesse E3 in Los Angeles alle Kritiker eines Besseren zu belehren. Man hatte die Möglichkeit, der Presse ein strahlenderes Bild von der wankenden Wii U zu malen. Anstelle dessen gab man den tausenden Journalisten vor Ort keinen Grund, euphorisch zu werden. Nintendo bot auf der wichtigsten Bühne der Branche nichts, um vom Trubel um die PlayStation 4 und Xbox One abzulenken. Große Sorgen muss sich der japanische Silberrücken dennoch (noch) nicht machen.

Mehr vom Gleichen

Nach der ersten 18-monatigen Dürreperiode setzt der erhoffte Spielereigen auch diese Weihnachten nicht so recht ein. Lediglich ein neues "Super Mario 3D World", das Remake des 10 Jahre alten "The Legend of Zelda: Wind Waker" und ein neues "Donkey Kong" bilden das Line-up, wichtige Zugpferde wie "Mario Kart 8" und "Super Smash Bros. 4" wurden auf das nächste Jahr verschoben. Mit dem Open-World-Rollenspiel "X" von Monolith Soft. konnte nur eine einzige Überraschung vorgewiesen werden. Ansonsten baut der Fortsetzungskönig weiterhin auf mehr vom immer Gleichen. Die Unterstützung der Dritthersteller ist abseits von dem ein oder anderen Titel so gut wie versiegt. Blockbuster wie "Grand Theft Auto 5" wudren erst gar nicht für Wii U angekündigt, während Studios wie Electronic Arts die Pläne für die Plattform vorerst gänzlich auf Eis gelegt haben. Das bedeutet auch: Wii U-Spieler bekommen heuer nicht einmal ein neues "FIFA" oder "Madden".

Keine Alternative

Doch während manche Branchenexperten die Wii U aufgrund ihrer kleinen und nur langsam wachsenden Installationsbasis von rund vier Millionen Stück bereits abschreiben, zeigte sich auf der E3, dass sich Nintendo zumindest Mittelfristig keine allzu großen Sorgen machen muss. Denn die bereits auf der Messe spielbaren Fortsetzung von "Mario Kart" und Co. machten nicht nur einen erwartungsgemäß sehr soliden Eindruck. Auch bot heuer wieder keiner der anderen Plattformhersteller ernstzunehmende Alternativen dazu an, was Nintendos Portfolio bietet. So einfallslos die zehnte oder zwanzigste Iteration eines "Marios" sein mögen, so sind Nintendo-Spiele auch 2013 und darüber hinaus so zugänglich, unkompliziert unterhaltend und von so hoher Produktionsqualität, wie keine andere familientaugliche Spielserie. Während Hersteller bei PlayStation und Xbox Millionen in neue Shooter, Rollenspiele oder Rennspiele investieren, gibt es kaum einen exklusiven Blockbuster, der auf jüngere Zielgruppen abzielt. Sony versuchte es die vergangenen Jahre mit "LittleBigPlanet" und Microsoft mit Produkten wie "Kinectimals", doch von einem qualitativ und quantitativ konkurrenzfähigen Aufgebot zu "Mario" und Co. kann keine Rede sein.

In Sicherheit wiegen

Und genau das ist der springende Punkt: Fragt heute ein Elternteil im Geschäft, welche Heimkonsole es seinen Kindern schenken soll, würde der Verkäufer vermutlich ohne mit der Wimper zu zucken die Wii U empfehlen. Einerseits, weil er weiß, dass hier die Qualität der altersgerechten Spiele stimmt und andererseits, weil es zumeist Games sind, die alle Familienmitglieder jeden Alters gemeinsam spielen können. Ein erwachsener Gamer, der bereits einige Nintendo-Konsolen durchlebt hat, wird sich dem Angebot einer PlayStation oder Xbox vielleicht enger verbunden fühlen. Das heißt aber nicht, dass ihm eine Runde "Mario Kart" unter Freunden und Verwandten keinen Spaß mehr bereitet. Diese Universalität von 6 bis 99 Jahren ist es, die auch heute noch Nintendos Werke auszeichnen und einzigartig machen. Bisher ist das niemand anderem mit einer derartigen Konstanz und Markenstärke gelungen.

Kleinere Ansprüche

Was sich allerdings zur vorangegangenen Generation rund um die Wii geändert hat, ist das Marktpotenzial der Wii U. Die Wii ist durch die Decke gegangenen, weil sie abseits von "Mario" noch Titel wie "Wii Sports" anbot, die ganz neue Konsumenten ansprachen, die sich zuvor kein Videospielsystem zugelegt hätten. Für diese breite Masse hat die Wii U keine überzeugenden Angebote - beziehungsweise findet man längst starke Alternativen auf anderen Plattformen.

So müssen möglicherweise die Erwartungen an die Wii U zurückgeschraubt werden. Vielleicht hat sie das Potenzial, sich nicht 100 Millionen Mal, sondern 50 oder 40 Millionen Mal über ihre Lebenszeit hinweg zu verkaufen. So lange Nintendo es jedoch schafft, seine Kernzielgruppe besser als alle anderen zu bedienen, werden eine Wii U und deren Nachfolger immer eine Daseinsberechtigung haben.

Nicht nachlassen

Gleichzeitig darf sich der traditionsreiche Hersteller nicht in Sicherheit wiegen. Wie auch auf der E3 zu sehen war, erkennen immer mehr Konzerne ihre Chance in kindergerechten Videospielen. Activision arbeitet kräftig an seinem Milliardenfranchise "Skylanders" weiter, während Disney mit "Disney Infinity" Millionen in die virtuelle Umsetzung seiner Zeichentrickwelt investiert. Diese Multiplattform-Spiele machen selbst eine PlayStation und Xbox familientauglich. Sollten sich jüngere Spieler eines Tages diesen Inhalten stärker verbunden fühlen, als einem "Mario", "Luigi" oder "Donkey Kong", werden sich auch Eltern im Geschäft fragen, weshalb sie eine Wii U oder Wii U2 kaufen sollten.

Bis dahin ist es aber ein weiter Weg. Das Strahlen in den Augen der erwachsenen Messebesucher auf der E3 verriet, dass Nintendo-Games die Magie noch nicht verloren haben, selbst in erfahrenen Zockern das Kind zu wecken. Um für das Weihnachtsgeschäft und den Medienrummel um PlayStation 4 und Xbox One gerüstet zu sein, ist Nintendo allerdings gut beraten, größere Geschütze aufzufahren und Eltern etwa mit einer Preissenkung weiter Honig ums Maul zu schmieren. Eine familientaugliche Konsole, die auch noch günstig ist, passt noch eine Spur besser unter den Weihnachtsbaum. (Zsolt Wilhelm aus Los Angeles, derStandard.at, 15.6.2013)      

(Video: Wii U - Super Mario 3D World E3 Trailer)

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