Halle/Westfalen - Einen Satz lang ließ Roger Federer seinen Freund Tommy Haas von der Titelverteidigung träumen, dann drehte der Rekord-Champion auf: Beim Rasenturnier in Halle/Westfalen revanchierte sich der Schweizer mit 3:6, 6:3, 6:4 für die Finalniederlage im vergangenen Jahr und greift im Endspiel am Sonntag (14.00 Uhr/ZDF) gegen Michail Juschni (Russland) nach seinem ersten Titel in dieser Saison. Juschni setzte sich in seinem Halbfinale gegen Richard Gasquet (Frankreich) 6:3, 6:2 durch.
Weiße Weste gegen Juschni
"Jetzt bin ich richtig heiß auf den Sieg", sagte Federer, der bisher alle 14 Duellen mit Juschni gewonnen hat. Darunter auch die Begegnungen im vergangenen Jahr in Halle und Wimbledon auf Rasen. "Ich habe im zweiten und dritten Satz die Big-Points gemacht. Je länger das Match ging, desto mehr hatte ich das Gefühl, die Oberhand von der Grundlinie zu haben."
Haas verpasste auf dem voll besetzten Centre Court dagegen seinen dritten Finaleinzug bei den Gerry Weber Open. 13-mal ist der 35-Jährige beim Vorbereitungsturnier auf Wimbledon bereits am Start gewesen, 2009 und 2012 triumphierte Deutschlands derzeit bester Tennisprofi in Ostwestfalen. Somit findet das Finale in Halle zum zweiten Mal in den vergangenen sechs Jahren ohne deutsche Beteiligung statt.
Geschnitzter Schweizer
"In den wichtigen Momenten hat Roger gezeigt, aus welchem Holz er geschnitzt ist", sagte Haas: "Ich hatte ein paar kleine Schwächephasen bei eigenem Aufschlag. Gerade gegen diese Topspieler muss man seine kleinen Chancen nutzen."
Die Chance auf den dritten Titel vergab Haas auch deswegen, weil er nicht wie gewohnt seinen Emotionen freien Lauf lassen wollte. "Gegen Roger fällt es mir schon schwerer, die Faust zu ballen, oder über den Platz zu brüllen", hatte der Weltranglistenelfte vor dem Match gesagt. Beide Spieler sind seit Jahren miteinander befreundet. In Halle traten sie erstmals gemeinsam im Doppel an. Auch Haas' Verlobte Sara und Federers Frau Mirka mögen sich.
Die Freundschaft ließen Haas und Federer für genau 1:38 Stunden ruhen, auch Federer hatte angekündigt, sich daran erinnern zu wollen, "auf dem Platz nicht zu nett zu sein". Immerhin soll sich seine Saison beim Rasenauftakt zum Guten wenden, der 31-Jährige ist es leid, noch länger auf seinen 77. ATP-Titel zu warten, mit dem er in der Bestenliste zu John McEnroe aufschließen würde. Nach den Finalpleiten gegen Haas 2012 und Lleyton Hewitt 2010 soll in diesem Jahr sein sechster Titel in Halle her. Zuletzt hatte Federer hier 2008 triumphiert.
Satz zurück
Im ersten Durchgang machte er allerdings keine Anstalten, bedingungslos für sein achtes Finale in Halle zu kämpfen. Nachdem er im ersten Spiel eine Breakchance vergeben hatte, ließ er sich den eigenen Aufschlag zum 2:4 abnehmen. Das 14. Aufeinandertreffen der beiden Routiniers - Federer hat nun elf davon gewonnen - war zu diesem Zeitpunkt wenig hochklassig. Die Zuschauer sahen kaum einmal längere Ballwechsel, ungewöhnlich viele Fehler bestimmten über weite Strecken die Szenerie.
Das änderte sich auch in Satz zwei besonders bei Tommy Haas nicht. Der Wahl-Amerikaner servierte nicht annähernd so stark wie in den beiden Matches zuvor, als er in 26 Aufschlagspielen nur einen Breakball zugelassen hatte. Insgesamt unterliefen ihm neun Doppelfehler - viele davon in entscheidenden Situationen. So gab Haas zu Beginn des zweiten Satzes seinen Aufschlag zum 0:2 ab und lief dem Break erfolglos hinterher.
Federer war nun der bestimmende Spieler, der Rekord-Grand-Slam-Champion hatte das Tempo spürbar angezogen und ließ mit insgesamt 15 Assen bei eigenem Aufschlag kaum noch etwas zu. Nach einem Rückhand-Winner entfuhr dem Tennis-Maestro sogar ein seltenes "Allez". Doch wieder war es Haas, der seinem Freund das Break beinahe schenkte. Zwei Doppelfehler servierte er - wenig später entschied Federer die Revanche für sich.
Murray und Cilic im Queens Club im Finale
Der topgesetzte Tennis-Olympiasieger Andy Murray ist beim Rasenturnier in London ins Endspiel eingezogen. Im altehrwürdigen Queen's Club setzte sich der 26-jährige Brite, der im Viertelfinale Benjamin Becker (Orscholz) bezwungen hatte, in der Vorschlussrunde gegen den French-Open-Halbfinalisten Jo-Wilfried Tsonga (Frankreich) mit 4:6, 6:3, 6:2 durch.
Im Endspiel der mit 683.665 Euro dotierten Veranstaltung trifft Murray auf Marin Cilic. Der an Position fünf gesetzte Kroate behielt in einem ausgeglichenen Match, das wegen Regens für lange Zeit unterbrochen worden war, gegen den australischen Altmeister Lleyton Hewitt mit 6:4, 4:6, 6:2 die Oberhand.
(sid/red, 15.06.2013)