Foto: Bernath/STANDARD

Tränengas geschluckt, in eine orange Brühe gestolpert, die am Fuß ätzt, und bis morgens um halb 4 die Invasion der Polizei von Karaköy über Taksim bis wieder hinunter nach Besiktas gesehen. NTV, der bis zu Beginn der Protestbewegung als seriöser türkischer Nachrichtensender galt, zeigt zur Stunde eine Reportage über Indianer in Nordamerika.

Egemen Bagis, der Europaminister und Chefverhandler bei den Beitrittsverhandlungen mit der EU, soll wieder mit einer grotesken Ansage aufgefallen sein: "Von jetzt an muss der Staat leider jeden, der auf dem Taksim-Platz bleibt, als Unterstützer oder Mitglied einer Terrororganisation betrachten", soll Bagis Samstagabend in einem Telefoninterview dem Sender A Haber gesagt haben. Auf der Website des Senders findet sich die Aussage nicht mehr, die italienische Tageszeitung "La Stampa" hat sie aber zitiert. Danach ist sie von türkischen Medien übernommen worden.

Mein iPhone-Foto zeigt die Lobby des Divan-Hotels am Gezi-Park gegen 1 Uhr früh. Die Menschen tragen Gasmasken, weil die Polizei auf der Jagd nach Besetzern auch in das Hotel gefeuert hat. In einem Konferenzraum im unteren Stock war das Notlazarett, das freiwillig arbeitende Ärzte aufgeschlagen hatten. Der Großteil der Parkbesetzer wurde beim Sturm auf den Gezi-Park Richtung Divan-Hotel getrieben, hunderte wurden behandelt, einige mit Krankenwagen abtransportiert, der Großteil zerstreute sich in Richtung Nisantasi. Dort begannen später Straßenschlachten. (Markus Bernath, derStandard.at, 16.6.2013)