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Foto: Reuters/Launer

"Rein passive Produkte sind bereits abgedeckt", ist Xiaowei Kang überzeugt. Er ist Direktor für Index Research und Design Strategies bei S&P Dow Jones Indices. In dieser Funktion ist er für die Entwicklung neuer Indizes verantwortlich, ob nun auf Kundenanfrage oder auf eigenen Antrieb. Diese neuen Indizes bilden in vielen Fällen keine Märkte mehr ab, wie zum Beispiel europäische Staatsanleihen, sondern komplexe Strategien.

Klassischerweise konkurrieren zwei Konzepte um das Geld der Anleger: Passiv vs. aktiv. Passives Investieren bietet Investoren den Zugang zu einem Markt, etwa US-Aktien. Ein Index wie der S&P 500 oder der deutsche Dax oder der heimische ATX werden eins zu eins abgebildet, ohne jegliche Fantasie. Aktives Investieren hingegen heißt, dass ein Fondsmanager aus Fleisch und Blut oder ein Handelsmodell bestimmte Aktien auswählen und andere verwerfen. Der Vergleichsindex dient dabei als Referenzwert, aber die Entscheidung und Umsetzung der Strategie liegt beim Manager. Heute wird ein Großteil der Gelder aktiv verwaltet, aber bei passiven Strategien hat zuletzt das Wachstum in der Finanzbranche stattgefunden. Dahinter steht vor allem der Erfolg börsengehandelter Fonds (ETFs), die in Europa über 300 Milliarden Euro verwalten, dreimal so viel wie vor der Finanzkrise.

Aktive Indizes

Doch die Dynamik im Indexgeschäft findet längst nicht mehr in einfachen Aktien-ETFs statt. Ein Gros des Geldes verdienen Indexanbieter wie S&P Dow Jones längst mit immer komplexeren "aktiven" Indizes. Im Wettbewerb zwischen aktiven und passiven Produkten verschwimmen die Grenzen daher zusehends. "Das Problem mit aktiven Managern ist, dass sie nach Kosten hinter dem Markt zurückbleiben. Aktive Strategien lassen sich aber immer stärker in günstigen Indexfonds verpacken. Damit steigt der Kostendruck", ist Kang überzeugt. Konkret haben bereits die Fondsflüsse aus den vergangenen Quartalen gezeigt, wohin die Reise geht.

Auch "alternative" Strategien haben sich den Weg in die Depots von Anlegern geebnet. So ist der iShares MSCI USA Minimum Volatility ETF einer der meistverkauften ETFs seit Jahresbeginn gewesen. Dieser Fonds, so wie andere "low volatility" Konzepte, sollen das Risiko von Aktien reduzieren ohne viel Rendite aufzugeben. Insgesamt, so schätzt etwa State Street Global Advisors, sind im ersten Quartal 15 Milliarden Dollar in alternative "Passiv-Strategien" geflossen. Das ist eine Verdreifachung der Quartalszuflüsse.

Im Marketing-Sprech heißen diese Produkte gerne "smart beta". Beta beinhaltet, dass es sich um ein passives Produkt handelt, das einen Index verfolgt und daher das Marktrisiko abbildet. Smart soll zeigen, dass es "besser" ist. Diese Wertung ist aber kaum zu halten. In den meisten Fällen sind die neuen Produkte einfach nur anders, also alternativ oder komplex. "Low-Volatility"-Produkte etwa bieten ein ganz anderes Risikoprofil als Aktien an. So sind etwa die vermeintlich sicheren Aktien in der aktuellen Kurskorrektur deutlich stärker gefallen, davor dafür auch deutlich stabiler gewesen. Ob die neuen Indizes auch bessere Resultate liefern, wird erst die Zeit weisen. Werden erst einmal neue Produkte aufgelegt, könnten die erwünschten Vorteile mit der Zeit verschwinden, weil immer mehr Anleger die Preise treiben. Eins aber ist klar. Die größere Auswahl wird das Fonds-Dickicht für Anleger nicht unbedingt lichten. (Lukas Sustala, derStandard.at, 17.6.2013)