Ihre Arbeit gleiche der einer Detektivin in einem Krimi, sagt Daniela Schuster. Sie ist Leiterin der Computer-Aided Molecular Design Group an der Uni Innsbruck. Das heißt: Als "kriminaltechnische" Computerspezialistin hilft sie bei der Suche nach pharmakologisch- biologisch wirksamen Substanzen.
Die computerunterstützte Wirkstoffforschung berechnet dreidimensionale "Pharmakophor"-Modelle, die jene Andockstellen von Molekülen im menschlichen Körper chemisch beschreiben, die für die pharmakologische Wirkung verantwortlich sind. Ein Arzneistoff muss schließlich so aufgebaut sein, dass die chemisch funktionellen Gruppen sich binden können. Sie sind wie die Zacken eines Schlüssels, der ins Schloss passen muss.
Daniela Schuster entwirft am Institut für Pharmazie "Täterprofile" aktiver Substanzen. Spannend wird es für alle Beteiligten, wenn neue Verdächtige in Form von Testsubstanzen vorgeführt werden. Sobald Ankerpunkte von Molekülen bekannt sind, können Substanzdatenbanken nach formal passenden Kandidaten durchsucht werden, was Zeit spart und Chancen erhöht.
"Unsere Berechnungen müssen immer pharmakologisch-toxikologisch überprüft werden. Wir können aber schnell und kosteneffektiv potenziell aktive Substanzen für die Wirkstoffforschung eingrenzen. Die Erfolgsquote liegt bei fünf bis 50 Prozent", betont die Forscherin, die gerade Publikationen über einige unbekannte Effekte viel verwendeter Arzneistoffe vorbereitet. Die Methode kann aber auch verwendet werden, um biologische Wirkungen einer Substanz vorherzusagen und ihre Unbedenklichkeit einzuschätzen. Die 34-jährige Innsbruckerin will sich in einem neuen Projekt auf diese Weise auch Umweltchemikalien vorknöpfen.
Der Forschergeist packte sie bei der Diplomarbeit, computeraffin war sie schon davor. Wissensdurst, Genauigkeit, Kreativität und Frustrationstoleranz sind für die Pharmazeutin wichtige Ingredienzien. Stipendien und Preise sorgen für motivierendes Interesse, helfen bei Bewerbungen um Posten sowie Fördermittel und geben Bestätigung. Im Ausland hat die zweifache Mutter kaum gearbeitet. Diese Erfahrung wird als Mantra für erfolgreiche Life-Sciences-Forschung gepredigt, wirft aber in ihrer Lebensphase massive Betreuungsprobleme auf.
Sie vernetze sich auch so international und besuche Kongresse, sagt Schuster. Arbeitserfahrung in verschiedenen Bereichen hält die Gruppenleiterin für mindestens ebenso wichtig. Sie selbst hat schon als Fiakerin, Buchhalterin, Softwareentwicklerin und Tutorin gearbeitet. Sie entwickelte E-Learning-Materialien und absolviert eine hochschuldidaktische Ausbildung. Unersetzlich ist für sie nur die praktische Arbeit im Labor, weil man "mit einer Wii auch nicht Skifahren lernt".
Ausgleich zur Bildschirmarbeit fand sie stets beim Schwimmen und Reiten. Mit Forschung, Tochter (6), Sohn (1) und Haushalt legt sie in ihrer Freizeit derzeit nur die Füße hoch. Gut vereinbaren lässt es sich, Freunde abends auf ein Gläschen Wein und eine Spielerunde einzuladen. Wirklich ausgestiegen ist sie aus dem Job nie. Vor der Geburt ihres Sohnes hat sie zuletzt viel publiziert, danach musste er mit an die Uni zu Besprechungen - sehr zur Freude der Kolleginnen. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, 19.6.2013)