Der Basalt vom Mond ist 3,3 Milliarden Jahre alt.

Foto: NHM

Es könnte ein Schminkköfferchen sein oder eine große Schmuckschatulle. Doch die weiße, fast quadratische Box, die Elizabeth LeBlanc, Ausstellungsmanagerin vom Johnsons Space Center der Nasa, in ihrem Handgepäck hat, beinhaltet etwas viel Wertvolleres: Ein Stück Mondgestein mit der Bezeichnung "15 555 - 1032"

Montagmittag landete LeBlanc in Wien, um die neue Attraktion im Meteoritensaal des Naturhistorischen Museums Wien (NHM) zu überbringen. Der STANDARD war dabei, als Ludovic Ferrière, Kurator der Gesteinssammlung, die Dauerleihgabe entgegennahm und den mit Stickstoff gefüllten Spezialbehälter aus dem weißen Köfferchen holte. "Er ist größer als ich dachte", meint Ferrière, als er das 84 Gramm schwere, gesprenkelte Bröckerl, das etwas größer als ein Golfball ist, begutachtet.

Elisabeth LeBlanc hatte zuvor schon einige bürokratische Hürden zu überwinden: "Bei der Zwischenlandung in Frankfurt hatte ich lange Diskussionen mit dem Zoll. Die Beamten wollten, dass ich das Mondgestein deklariere. Das ging aber nicht, da ich keinen Wert angeben konnte", erzählt LeBlanc. Nach einigem Hin und Her gelangte die lunare Probe schließlich nach Wien.

Sie hat freilich schon eine viel weitere Reise hinter sich: Es handelt sich um einen Basalt vulkanischer Abstammung und entstammt einem der größten Steine, die jemals auf dem Mond aufgeklaubt und zur Erde gebracht wurden. Genaueres erklärt die Nummer: Der 15er steht für die Apollo-15-Mission im Jahr 1971. Der Kommandant David Scott sammelte die Probe mit der Nummer 555 in der sogenannten "Rima Hadley", eine Mondrille auf der Mondvorderseite, unweit der Stelle, wo Apollo 15 landete.

Ein Tresor in Houston

Die Nummer 1032 steht für das Bruchstück, das im Johnsons Space Center in Houston herausgesägt wurde. In einem Tresorraum des Space Center werden die insgesamt 381,7 Kilogramm Mondgestein, die von zwölf Apollo- Astronauten in sechs Missionen mitgenommen wurden, verwaltet und verwahrt. Zusätzlich haben automatische Sowjet-Raumsonden etwa 300 Gramm Mondgestein abgebaut.

Seit 2011 hatte sich das NHM für ein präsentables Stück Mondgestein für den Ende letzten Jahres runderneuerten Meteoritensaal bemüht. "Es gibt sehr viele Anfragen", sagt Le Blanc. "Die Ausstellungs- und Sicherheitskriterien sind sehr hoch und die Zahl der Steine, die nicht der Forschung dienen und sich zur Ausstellung eignen, ist begrenzt. Dementsprechend langwierig ist der Prozess, bis ein Stein verliehen wird." Kosten für die Leihgabe selbst entstehen keine, alle fünf Jahre kann verlängert werden.

Auch wenn Ludovic Ferrière betont, dass der Wert eines Steins vom Mond unschätzbar sei - NHM-Direktor Christian Köberl fand dann doch Zahlen: "Wenn man davon ausgeht, dass das gesamte Apollo-Programm 30 Milliarden Dollar kostete, wäre ein Gramm nach Stand der 1970er 80.000 Dollar wert, nach heutigem Stand 350.000 Dollar." Doch: "Die Steine sind nicht zu verkaufen", betonte Köberl bei der offiziellen Übergabe des Steins durch den NASA-Chef Charles Bolden am Dienstag. Der träumt von weiteren bemannten Missionen: "Ich freue mich darauf, mit Proben von einem Asteroiden oder vom Mars in das Museum zurückzukehren."

Ab Mittwoch ist der 3,3 Milliarden alte Basalt im Metoeritensaal des NHM zu sehen. Mit dabei sind zwei lunare Bodenproben aus den Missionen 15 und 17, die aus winzigen grünen sowie orange-braunen Glaskügelchen bestehen. (kri, DER STANDARD, 19.6.2013)