Brüssel - Das Bruttoinlandsprodukt habe als Wohlstandsindikator ausgedient, hieß es in der jüngeren Vergangenheit immer öfter. Die Statistiker legen dennoch in regelmäßigen Abständen entsprechende Zahlen vor. Die neusten kommen vom EU-Statistikamt. Die schlechte Nachricht: Die Kluft zwischen Arm und Reich ist in Europa enorm.
Im Jahr 2012 reichte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in Kaufkraftstandards von 47 bis 271 Prozent des EU-27-Durchschnitts. Zumindest in dieser Kategorie wird Österreich immer reicher: 2012 war die Alpenrepublik hinter Luxemburg das zweitreichste Land der EU und hat sich gegenüber dem Vorjahr um einen weiteren Platz verbessert. 2012 lag das BIP pro Kopf 31 Prozent über dem EU-Durchschnitt (100 Prozent), 2011 waren es 29 und 2010 27 Prozent gewesen.
Einsame Spitze blieb auch 2012 Luxemburg mit einem Pro-Kopf-BIP vom mehr als dem Zweieinhalbfachen des Schnitts (271 Prozent). Dieser extrem hohe Wert kommt zustande, weil in der Statistik auch der BIP-Beitrag der vielen Beschäftigen, die zwar in Luxemburg arbeiten, aber nicht dort leben, erfasst wird. Nummer drei hinter Österreich war 2012 Irland mit einem Wert von 129 Prozent, dahinter folgten die Niederlande - die Nummer zwei des Vorjahres - und Schweden mit je 128 Prozent. Das dänische Pro-Kopf-BIP lag ein Viertel über dem EU-Schnitt und das deutsche 21 Prozent darüber.
Rumänien und Bulgarien abgeschlagen
Die ärmsten Länder blieben Rumänien (49 Prozent) und Bulgarien (47 Prozent), die sich als einzige Mitgliedstaaten mehr als 50 Prozent unter dem Durchschnitt befanden. Ein vergleichsweise niedriges Wohlstandsniveau wiesen auch die baltischen Staaten sowie Ungarn und Polen aus. Das baldige EU-Mitglied Kroatien wäre mit 61 Prozent das drittärmste Land der Union. Die Türkei weist laut Eurostat einen Wert von 56 Prozent des EU-Schnitts aus. Ansonsten geht es außerhalb der EU den Norwegern (195 Prozent) und Schweizern (160 Prozent) noch besser als den Österreichern.
Das BIP pro Kopf wird zwar oft als Wohlstandsindikator herangezogen, sagt aber über die tatsächliche Situation von Haushalten nur begrenzt etwas aus. Eurostat hat daher auch den tatsächlichen Individualverbrauch (TIV) pro Kopf erhoben - das sind Güter und Dienstleistungen, die tatsächlich in Haushalten konsumiert werden. Auch hier zeigt sich aber eine gewaltiges Gefälle: 2012 reichte der TIV pro Kopf, ausgedrückt in Kaufkraftstandards, von 48 Prozent des EU-Schnitts in Rumänien bis 141 Prozent in Luxemburg. Österreich lag laut dieser Statistik mit 119 Prozent nur auf Platz vier hinter Deutschland (121 Prozent) und Großbritannien (120 Prozent).
Die Statistik Austria hat im Herbst 2012 die Kaufkraft der Österreicher die Jahre davor erhoben. Demnach wuchst die Kaufkraft der Haushalte pro Kopf (inkl. sozialer Sachtransfers) von 1995 bis 2010 mit durchschnittlich 1,0 Prozent schwächer als das BIP. (APA, 19.6.2013)