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Obama und Merkel vor dem Brandenburger Tor.

Foto: AP Photo/Michael Kappeler

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Der Himmel über Berlin im Visier von Barack Obama.

Foto: REUTERS/Bundesregierung/Steffen Kugler/Handout

Berlin - Die USA und Deutschland üben ungeachtet der Verstimmungen über amerikanische Abhöraktionen im Internet demonstrativ den Schulterschluss. "Europa und Amerika können mit als Vorbild vorangehen und Dinge tun, zu denen andere Länder nicht bereit sind", sagte US-Präsident Barack Obama am Mittwoch in einer Rede vor dem Brandenburger Tor in Berlin. "Die transatlantische Partnerschaft ist auch im 21. Jahrhundert der Schlüssel für Freiheit, Wohlstand und Sicherheit für alle", betonte auch Deutshclands Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Beide hatten bereits zuvor nach einem Treffen betont, dass Deutschland und die USA bei einer ganzen Reihe von internationalen Themen wie Freihandel, Afghanistan, Syrien oder der Überwindung der Wirtschaftskrise an einem Strang zögen. In der Rede bei seinem ersten Berlin-Besuch als US-Präsident bot Obama an, die Zahl der amerikanischen strategischen Atomwaffen um bis zu ein Drittel zu senken. Für 2016 kündigte er einen Gipfel in den USA über den sicheren Umgang mit Atommaterial ein.

Russland skeptisch

Russlands Vizepremier Dimitri Rogozin kritisierte umgehend, dass die USA an einem Raketenabwehr-System arbeiten, während sie für einen weltweiten Abbau von  Atomwaffen plädieren: "Wie sollen wir die Idee einer Reduktion strategischer Nuklearwaffen ernstnehmen, wenn die USA ihre Kapazitäten ausbauen, diese Waffen abzufangen?"

Mittagessen unter vier Augen

Vor der Rede hatten sich Merkel und Obama zu einem Mittagessen unter vier Augen getroffen. Den offiziellen Teil seines von großen Sicherheitsvorkehrungen begleiteten Deutschland-Besuchs hatte der US-Präsident am Vormittag mit dem Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck in dessen Amtssitz Schloss Bellevue begonnen. Am Nachmittag will er auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück treffen, am Abend stand ein festliches Dinner in Schloss Charlottenburg auf dem Programm. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit erinnerte ebenso wie Merkel an den anstehenden 50. Jahrestag der Rede des früheren US-Präsidenten John F. Kennedy, in der dieser Berlin als Symbol des Kampfes der freien Welt mit Diktaturen bezeichnet hatte.

Obama verteidigt Prism

Angesichts weltweit kritischer Reaktionen auf das Internet-Abhörprogramm des Geheimdienstes NSA mit dem Namen "Prism" bemühte sich Obama bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel sichtlich, Sorgen des deutschen Verbündeten zu zerstreuen. Sowohl beim Thema Internet-Kontrolle, dem umstrittenen Einsatz von Angriffsdrohnen als auch bei der geplanten Schließung des amerikanischen Gefangenenlagers Guantanamo wollten die USA auch im Anti-Terrorkampf ihre Werte nicht verraten, betonte der Präsident. Man müsse bei den NSA-Aktionen sehen, dass aus den Erkenntnissen mehr als 50 Anschläge in den USA und auch anderen Staaten - darunter auch in Deutschland - hätten verhindert werden können. "Ich bin überzeugt, dass wir die angemessene Balance haben", betonte Obama. Die Abhöraktionen stünden untere strenger Kontrolle amerikanischer Gerichte. Allerdings bezog er sich dabei offensichtlich vor allem auf Abhöraktionen in den USA selbst.

Merkel betonte, sie habe mit Obama "sehr lange und ausführlich" über das Thema gesprochen. "Wir schätzen die Zusammenarbeit mit den USA in Fragen der Sicherheit", sagte sie. "Ich habe auch deutlich gemacht, dass das Thema der Verhältnismäßigkeit immer ein Wichtiges ist." Es seien immer noch Fragen offen, inwieweit deutsche Staatsbürger betroffen seien. Es sei verabredet, dass diese von den Sicherheitsbehörden beider Staaten geklärt würden. Mit dem Prism-Programm soll der US-Geheimdienst NSA weltweit Internet-Daten ausgespäht haben, auch in Deutschland sollen massenhaft Daten gesammelt worden sein. Nach Facebook und Microsoft gab auch Apple Einblick in die Datenüberwachung der US-Regierung.

Keine US-Drohnenstarts in Deutscland

"Ich betone, dass wir Deutschland nicht als Ausgangspunkt für unbemannte Drohnen verwenden, die als Teil der Terrorismusbekämpfung eingesetzt werden", reagierte Obama auf Berichte, denen zufolge die tödlichen Einsätze von der Africom-Zentrale in Stuttgart aus gesteuert werden. Auch hier gebe es strenge Vorschriften. Er halte zudem - wie 2008 bei seinem letzten Berlin-Besuch versprochen - an dem Ziel fest, Guantanamo zu schließen. "Aber es ist schwieriger als ich hoffte", räumte er ein mit Verweis auf Widerstand im US-Kongress. Obama betonte jedoch, dass die USA den Anti-Terror-Kampf zwölf Jahre nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 etwas zurückfahren müssten. "Kein Land kann seine Freiheit im ständigen Kriegszustand bewahren", mahnte er.

Obama und Merkel betonten besonders die gemeinsamen Herausforderungen, die die Supermacht und der größte EU-Staat zu bewältigen hätten. Im Falle Afghanistans sagte Obama, dass bei den nun geplanten Aussöhnungsgesprächen der Regierung mit den radikal-islamischen Taliban noch große Probleme zu überwinden seien. Zugleich lobte er den Beitrag Deutschlands als drittgrößten Nato-Truppensteller. Mit Blick auf Syrien betonten beide, eine Befriedung des Landes ohne den Abtritt von Präsident Baschar al-Assad werde es nicht geben. Merkel sagte, dass Deutschland grundsätzlich keine Waffen in Bürgerkriegsgebiete liefere. Sie vermied aber Kritik an den Plänen der USA.

Beide hoben die Bedeutung der Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen hervor, die Anfang Juli beginnen sollen. Dies bringe Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks. (Reuters, 19.6.2013)