Im Jahr 2004 fand in Wien die Ausstellung "Gastarbajteri" statt, die sich mit Arbeitsmigration nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigte. (Foto: Straßenbild aus Wien 1968/70)

Foto: http://gastarbajteri.at/ 1968/70, Internationale Pressebild-Agentur Votava

Alev Korun: "Man muss heute etwas tun, damit sich übermorgen etwas ändern kann."

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Die grüne Abgeordnete und Menschenrechtssprecherin Alev Korun fordert die Einrichtung eines Migrationsmuseums in Österreich. "Österreich beziehungsweise Wien beheimatet ein Uhrenmuseum, ein Kaffeemuseum, ein Sexmuseum, ja sogar ein Heizungsmuseum. Anders als in vielen Ländern wie zum Beispiel den USA, der Schweiz, Australien oder Südafrika gibt es in Österreich aber kein Museum, das sich der Migrationsgeschichte Österreichs beziehungsweise dem Thema Migration, Mobilität und Interkulturalität widmet", heißt es in Koruns Entschließungsantrag.

"Ich habe den Antrag gestellt, weil Migration und Mobilität Österreich stark geprägt haben - und damit meine ich nicht lediglich die letzten 50 Jahre", sagt Korun. Bisher gab es in Österreich etwa 2004 die Ausstellung "Gastarbajteri", die sich mit Arbeitsmigration nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigte. Doch eine Dauerausstellung oder kontinuierliche museale Beschäftigung mit Migration gibt es nicht. Dabei wäre das für die Wahrnehmung österreichischer Geschichte im Allgemeinen von großer Bedeutung. "Um die Jahrhundertwende gab es beispielsweise in Wien ebenfalls große Wellen der Arbeitsmigration, die wegen fehlendes Heimatrechts für die Menschen durchaus mit der heutigen vergleichbar sind", meint Korun.

Positives Signal

Vorstellbar wäre laut Korun sowohl ein Raum für eine dauerhafte Darstellung von Migrationsgeschichte als auch deren Einbindung in Veranstaltungen oder in ein modernes, interaktives Haus der Begegnung. Die genaue Ausgestaltung sei mit Wissenschaft, Zivilgesellschaft und MigrantInnen-Initiativen zu besprechen. "Hier ist die Diskussion sehr wichtig, nicht die Symbolik."

Ljubomir Bratić vom Arbeitskreis Archiv der Migration begrüßt diese Entwicklung: "Das Thema Historisierung der Migration wird endlich in der Öffentlichkeit und in den Medien behandelt. Nicht nur auf parlamentarischer Ebene, sondern durch unsere Arbeit sozusagen auch von unten", so Bratić. "Wir dürfen uns natürlich keine Illusionen machen, dass das von heute auf morgen geht, aber es ist mindestens ein positives Signal."

"Heute etwas tun, damit sich übermorgen etwas ändern kann"

Die Errichtung eines "Hauses der Geschichte" war seit dem Jahr 2000 schon in mehreren Regierungsvereinbarungen festgelegt. Dieses sollte die Lücke füllen, die das Fehlen eines Nationalmuseums in Österreich erzeugt. Hier hätte auch die Rolle von Migration und Mobilität in Österreichs Geschichte einen Platz finden können. Laut Korun ist dieser Plan daran gescheitert, dass die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ sich nicht auf eine einheitliche Darstellung der österreichischen Zwischenkriegszeit und des Austrofaschismus einigen konnten. Offiziell begründet wird der Stillstand des Projekts mit einer schwierigen Budgetsituation.

Die Frage eines Migrationsmuseum wurde bisher noch nicht im Plenum des Nationalrats behandelt, realistischerweise würde der Prozess bis zum Beschluss und Errichtung eines Museums einige Jahre dauern. Korun: "Aber man muss heute etwas tun, damit sich übermorgen etwas ändern kann." (red, daStandard.at, 18.6.2013)