"Denkbar wäre für Mali etwa eine Bundesrepublik", sagt Ethnologieprofessor Georg Klute.

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Bamako/Wien - Nach einem Abkommen der malischen Regierung und der Tuareg-Rebellen der Bewegung für die Freiheit des Azawad (MLNA) wird die für den 28. Juli geplante Präsidentenwahl in Mali nun wohl doch im gesamten Staatsgebiet stattfinden können. Darauf haben sich die Konfliktparteien am Dienstag geeinigt.

Die Vereinbarung sieht vor, dass staatliche Truppen in den noch von den MLNA-Rebellen kontrollierten Gebieten rund um Kidal im Norden des Landes den Urnengang beaufsichtigen dürfen. Frankreich, das die Verantwortung für die innere Sicherheit Malis an eine UN-Mission im Land übergeben will, hatte auf die Vereinbarung gedrängt. Das Land war im Frühjahr 2013 militärisch gegen Islamisten in Nordmali vorgegangen, die sich den im April 2012 von der MLNA einseitig ausgerufenen Staat Azawad zuvor zu eigen gemacht hatten.

Paris habe dabei von Anfang an andere Ziele verfolgt als die Regierung in Bamako, sagt Georg Klute, Spezialist für Politik und Staat in Afrika an der Uni Bayreuth im Gespräch mit dem Standard. Es gebe in Mali mehrere Konfliktlinien: "Islamistischen Gruppen wie Al-Kaida oder Ansar Dine ist es egal, ob es einen Staat gibt, der Azawad heißt, solang sie dort ihr Islam-Verständnis umsetzen können." Paris sei vor allem am Kampf gegen Islamismus interessiert.

"Eine zweite Konfliktlinie betrifft die Unabhängigkeit. Und die ist für Mali viel interessanter." Die Islamisten habe der 2012 durch einen Putsch abgesetzte Präsident Amadou Touré immerhin jahrelang geduldet - bis die Tuareg den Staat Azawad ausriefen.

Dennoch zeigt sich Klute optimistisch, dass es auch in Zukunft einen funktionierenden Gesamtstaat Mali geben könne, die Frage sei nur, wie er funktionieren werde. Geeignet sei für Mali etwa die Form einer Bundesrepublik. Anlass zur Hoffnung gebe, dass sich auch viele Tuareg mittlerweile mit dem immerhin seit 53 Jahren existierenden Staat Mali identifizieren: "Die Existenz des Staates erfordert eine bestimmte Praxis: Einen Pass zu bekommen, eine Hymne zu singen, bei nationalen Meisterschaften mitzumachen. Und das merkt man eben doch".

Kritischer sei dagegen die Frage, was mit den Islamisten passieren werde. "Die Franzosen behaupten, sie hätten sie zurückgetrieben. Etwa 600 wollen sie getötet haben. Es waren aber deutlich mehr." Das Problem kann nach Meinung Klutes nur unter Einbeziehung aller lokalen Gruppen gelöst werden. (Manuel Escher, DER STANDARD, 20.6.2013)