Brüssel - Die Vorsitzende der rechtsextremen französischen Partei Front National (FN) und Europaabgeordnete Marine Le Pen muss mit einer Aufhebung ihrer parlamentarischen Immunität rechnen. Im Europaparlament sprach sich der zuständige Rechtsausschuss am Mittwoch mit großer Mehrheit dafür aus, einem entsprechenden Antrag Frankreichs vom vergangenen November stattzugeben. Sollte das Plenum des Parlaments Anfang Juli der Ausschuss-Empfehlung folgen, droht der 44-Jährigen in Frankreich ein Strafverfahren wegen Aufrufs zu Rassenhass.

Hintergrund sind islamfeindliche Äußerungen Le Pens aus dem Jahr 2010. Vor Parteianhängern hatte sie damals öffentliche Gebete von Muslimen verurteilt und diese mit der Besatzung durch die Nazis verglichen. Die Äußerung löste damals in Frankreich große Empörung aus. Die Staatsanwaltschaft von Lyon leitete Vorermittlungen wegen Aufrufs zum Rassenhass ein. Damit die 44-Jährige aber strafrechtlich verfolgt werden kann, muss ihre Immunität aufgehoben worden. Die Abstimmung im Plenum ist am 2. Juli in Straßburg geplant. Üblicherweise folgt das Plenum in solchen Fällen der Empfehlung des Rechtsausschusses.

In ähnlichen Fällen, die Marine Le Pens Vater, den FN-Gründer Jean-Marie Le Pen, oder das FN-Mitglied Bruno Gollnisch betrafen, hatte das Europaparlament den Anträgen stattgegeben und den Weg für Ermittlungen freigemacht.

Die Immunität des heute 85-jährigen Jean-Marie Le Pen, der dem Europaparlament seit 1984 angehört, wurde gleich drei Mal aufgehoben. Im Jahr 1998 gab das Parlament einem Antrag der deutschen Justiz statt. Sie konnte daraufhin ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung gegen den Rechtsextremen einleiten. Ein Jahr zuvor hatte Le Pen bei einer Veranstaltung in München die Gaskammern der Vernichtungslager des NS-Regimes als "Detail der Geschichte" bezeichnet. Zuvor hatte das Europaparlament 1989 und 1990 den Weg für strafrechtliche Verfolgungen gegen Le Pen in Frankreich wegen rassistischer und antisemitischer Äußerungen freigemacht. (APA, 19.6.2013)