Bild nicht mehr verfügbar.

Computerpionier Heinz Zemanek

Foto: APA

In den 1950er Jahren hat der Computerpionier Heinz Zemanek einen der weltweit ersten vollständig mit Transistoren ausgestatteten Rechner in Wien gebaut, das sogenannte "Mailüfterl". Das mehrere Meter lange und hohe Gerät hatte weder Bildschirm noch Tastatur, sondern arbeitete mit Lochstreifen. Dafür, dass man einen leistungsfähigen Rechner aber einmal in die Handtasche stecken wird können, "hat meine Vorstellungskraft damals nicht gereicht", sagte Zemanek gestern, Mittwoch, Nachmittag im Rahmen eines Vortrags in Wien.

"Die Frühzeiten von Entwicklungen sind am interessantesten"

Um 1950 steckte die Computertechnik nach heutigen Maßstäben noch in den Kinderschuhen. "Die Frühzeiten von Entwicklungen sind am interessantesten", erinnerte sich Zemanek, dem schnell klar wurde, dass die damals dominierenden Röhren zur Konstruktion von "Rechenautomaten" nicht geeignet waren. "Wenn man damals in einen Raum mit einem solchen Gerät kam, hat einen die Hitze fast zurückgeworfen", so der 93-jährige Wissenschafter am Institut für Hochenergiephysik (HEPHY) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Von 1956 bis 1958 bauten Zemanek und Kollegen an der Technischen Universität (TU) Wien das "Mailüfterl", einen der ersten volltransistorisierten Computer der Welt und der erste auf dem europäischen Festland.

Die Arbeit auf wissenschaftlichem Neuland habe zwar den Vorteil gehabt, dass "man kaum Konkurrenten hat", Unterstützung war allerdings auch rar. Ohne offiziellen Auftrag musste sich Zemanek aber das Geld sowie die rund 3.000 Transistoren und 5.000 Dioden aus den Niederlanden und den USA zusammenbetteln.

"Für einen Wirbelwind wird's nicht reichen, ein Mailüfterl geht sich aber aus."

Zu seinem "komischen Namen" kam der heute im Technischen Museum Wien ausgestellte Rechner aufgrund einer nebenbei getätigten Aussage Zemaneks. Auf die Rechengeschwindigkeit - 1958 bestimmte das "Mailüfterl" in 66 Minuten die Primzahl 5073548261 - angesprochen, erklärte er: "Für einen Wirbelwind wird's nicht reichen, ein Mailüfterl geht sich aber aus."

Für Zemaneks Bekanntheit brachte die Entwicklung jedoch jede Menge Rückenwind mit sich. "Bald haben auch die amerikanischen Kollegen gelernt, 'Mailüfterl' auszusprechen", zeigte sich der Forscher stolz. Die USA hat er insgesamt etwa 60mal bereist. Auch dort haftet ihm der Ruf des "Computerpioniers" an. "Ich bin in Amerika ganz gut bekannt", wie es Zemanek ausdrückte.

Der Wissenschafter besuchte aber auch oft die damalige Sowjetunion, um persönliche Kontakte zu knüpfen. Ihm sei immer klar gewesen: "Der Computer ist ein Weltgebilde und das kann man nicht in Hütteldorf zusammenbauen." 1961 übersiedelte Zemaneks Gruppe von der TU zum Computerkonzern IBM, der angeboten hatte, für das "Mailüfterl"-Team ein Laboratorium in Wien aufzubauen. Diesem stand Zemanek bis 1976 vor.

"Für mich war er immer ein nachrichtentechnisches Gerät".

Als reine Rechenmaschine hat Zemanek den Computer nie gesehen, "für mich war er immer ein nachrichtentechnisches Gerät". Trotz aller Fortschritte, die die Technologie seit ihren Anfängen gemacht hat, habe der Computer "kein Bewusstsein und kriegt auch nie eines".

Künstliche Intelligenz unterscheide sich nämlich grundlegend von menschlicher Intelligenz. Der Computer funktioniert nur nach den Regeln der formalen Logik. Die wahre Intelligenz liege daher immer beim Computerentwickler und -programmierer, der menschliche Gedanken und Sprache in eine Programmiersprache und somit in die formale Logik überführt. (APA, 20.6. 2013)