Shoppen und Fliegen: Das Einkaufszentrum Aéroville am Pariser Flughafen Charles de Gaulle eröffnet im Oktober 2013.

Visualisierung: Unibail-Rodamco

Nicht nur durch die Eurozone, auch durch den Einzelhandel geistert der Rückzug auf ein Kerneuropa. In den von der Krise betroffenen Ländern stagnieren die Umsätze oder gehen deutlich zurück. In Italien und Griechenland bereits seit vier Jahren, wie jüngst eine Analyse von Regiodata Research konstatierte.

Der Markt für die großen Märkte wird enger. Kein Wunder, dass sich die Big Player auf die Suche nach Kaufkraftreservaten in den noch stabilen Regionen machen. Der Fokus liegt dabei wenig überraschend auf Mittel- und Nordeuropa. Vor allem aber setzt man mehr denn je auf Spezialisierung des Portfolios.

Experience-Shopping

Der deutsche Marktführer ECE legt seinen Schwerpunkt seit jeher auf innerstädtische Lagen. Der Großteil der insgesamt 187 ECE-Shoppingcenter liegt in Deutschland, in Österreich sind es etwa die Wiener BahnhofCitys am West- und Hauptbahnhof. Der Marktführer hierzulande, die SES (Spar European Shopping Centers), die unter anderem den Salzburger Europark und das Wiener Q19 betreibt, bleibt neben Slowenien, Ungarn, Italien und Tschechien auf Österreich begrenzt.

Beim Marktführer Kontinentaleuropa, Unibail-Rodamco, sucht man den Gewinn in der Größe. "Wir konzentrieren uns ausschließlich auf Einkaufszentren ab sechs Millionen Besucher pro Jahr und 40.000 Quadratmeter Mietfläche", erklärte CEO Chris­tophe Cuvillier bei einer Presseführung im Hauptquartier des Konzerns in Paris. Die Zukunft, so Cuvillier, liege in der Kombination von Online- und Experience-Shopping. Letzteres könnten große Einkaufszentren am besten bieten. Unibail betreibt 82 Einkaufszentren, Schwerpunkte der 4,3-Milliarden-Pipeline für Neuinvestitionen sind Frankreich und Schweden.

Darunter sind bestehende Standorte, wie die Großbaustelle am Forum des Halles mitten in Paris, ebenso wie Neubauten auf der grünen Wiese, wie das Aéroville neben dem Flughafen Charles de Gaulle, das im Oktober mit 80.000 Quadratmetern Mietfläche eröffnet. Hier hofft man auf die Kaufkraft von Geschäftsleuten und aus dem reichen Pariser Speckgürtel. Für eine ebenso gutbetuchte Klientel wird zurzeit das Projekt "Polygone Riviera" zwischen Cannes und Nizza maßgeschneidert (geplante Eröffnung Ende 2015).

571 Punkte, vier Sterne

Der Trend zur Noblesse ist Programm: 2012 entwickelte Unibail-Rodamco die "Four-Star-Strategy". Deutlich angelehnt an die Klassifizierung von Hotels, wurde eine Reihe von Qualitätsstandards definiert, bei deren Erfüllung sich ein Shoppingcenter mit vier Sternen schmücken darf. Exakt 571 Punkte umfasst der Katalog, vom Concierge über Schuhputzservice und Valet Parking bis zur rundum besetzten Rezeption. So wie sich Verkehrsmittel – Stichwort: Railjet – heute an Airlines orientieren, strebt also nun die Retailbranche in Richtung Hotellerie, wenn es um Klassenbewusstsein geht.

"Nur zum Shoppen alleine geht niemand in die Einkaufszentren, da muss den Menschen mehr geboten werden", sagt Markus Pichler, Managing Director für Österreich und die Slowakei bei Unibail-Rodamco. Auch den Standorten in Österreich winken vier Sterne. Das Wiener Donauzentrum soll im Herbst ausgezeichnet werden, die SCS Anfang 2014. Seit 2009 hat Unibail-Rodamco rund 300 Millionen Euro in Österreich investiert, 130 Millionen davon für die in die Jahre gekommene Shopping City Süd.

SCS setzt auf Superdry und Lego

Als weitere Schritte überlegt man eine Verbesserung der Parksituation, der Umbau der noch aus den 1970ern stammenden Eingangsportale ist in Planung. Bei der Erweiterung der Mietflächen ist man eher vorsichtig. Ohnehin hat die niederösterreichische Raumordnung neuen Handelsflächen auf der grünen Wiese den Riegel vorgeschoben. Stattdessen setzt man auf neue Marken mit Zugkraft wie Superdry oder den im August eröffnenden Lego-Store. (Maik Novotny aus Paris, DER STANDARD, 22./23.6.2013)