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Schema eines Weltraumlifts: Oberstes "Stockwerk": eine Station auf einem geostationären Orbit - unterstes: eine Bodenstation am Äquator.

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Auf der langen Strecke dazwischen könnte Material eingesetzt werden, an dessen Herstellung derzeit in Jena geforscht wird.

Foto: AG Jandt

Jena - Seit der russische Technik-Visionär Konstantin Ziolkowski 1895 das Konzept eines "Weltraumturms" vorgestellt hatte, geistert die Idee durch die Science Fiction. Die Idee dahinter läuft auf eine konstante Verbindung zwischen der Erdoberfläche und einem geostationären Orbit hinaus, was aufwändige Raketenstarts überflüssig machen würde.

Bald trat das verwandte Konstrukt eines "Weltraumlifts" in den Vordergrund - also eine Kabelverbindung anstelle einer starren Konstruktion -, auch dies blieb aber reine Fiktion. Erst seit es zu großen Innovationsschüben in der Materialforschung gekommen ist, wird das Konzept etwas ernster genommen. Aktuell etwa an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, wo Materialwissenschafter einen neuen Polymer-Keramik-Verbundwerkstoff vorstellten, der eines Tages vielleicht in Weltraumliften zum Einsatz kommen könnte.

Der Hintergrund

Die Materialien für Raumstationen oder Satelliten werden heute mit Raketen in die Erdumlaufbahn befördert. "Doch das ist nicht nur teuer, sondern verbraucht auch wertvolle Rohstoffe", sagt Klaus D. Jandt von der Uni Jena. Denn die Raketen können nur einmal für den Transport genutzt werden. Große Hoffnungen setzen Jandt und seine Kollegen daher in das Konzept des Weltraumlifts.

Den Jenaer Materialwissenschaftern ist nun ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung der Grundlagen dafür gelungen: Wie sie im Journals "Carbon" berichten, haben sie einen neuen Polymer-Keramik-Verbundstoff entwickelt, der entsprechendes Potenzial hätte.

Basis des neuartigen Materials sind Kohlenstoff-Nanoröhrchen (engl. carbon nano tubes, kurz CNT). "Diese zigarrenförmigen Röhren aus reinem Kohlenstoff sind bis zu 30-mal zugfester als Stahl und dabei wesentlich leichter", erläutert Jandt. Dies mache sie gerade für eine Anwendung als "Aufzugsseil" in den Orbit interessant, das nicht nur extrem zugfest, sondern auch sehr leicht sein müsste. Jandt: "Mit keinem anderen bisher bekannten Material wäre ein solches Seil zu realisieren." Doch die CNTs können ihre Eigenschaft nur dann entfalten, wenn sie alle in eine Richtung orientiert sind. Und es bereitet laut Jandt immer noch Probleme, die Ausrichtung der CNTs, die einen Durchmesser von nur wenigen milliardstel Meter haben, zu erreichen. 

Erfolgsmeldung

Hier können die Jenaer Forscher aber nun einen Durchbruch vermelden. Sie brachten die CNTs zunächst in eine Polymerschmelze ein, die anschließend stark "verstreckt", also gezogen wurde. "Durch das Ziehen an der Kunststoff-Schmelze entsteht ein hochorientierter Polymerträger", sagt Team-Mitglied Matthias Arras. Dadurch ist der Polymerträger an sich schon sehr zugfest. Beim Erstarren der Polymerschmelze bildet sich ein amorpher Polymeranteil und es findet eine Grenzflächenkristallisation statt. Kristalle wachsen während des Ziehens geordnet auf den Kohlenstoff-Nanoröhrchen auf und verbinden sich mit diesen.

"Die Polymerketten des amorphen Teils des Polymers verhaken sich während des Ziehens an den Kristallen auf den Kohlenstoff-Nanoröhren und ziehen diese so während der Verstreckung alle in eine Richtung", erklärt Arras. "So entsteht eine extrem hohe Ausrichtung der Röhrchen, die so in Polymeren noch nicht beobachtet wurde."

Ein kleiner, wennn auch wichtiger Schritt, den Jandt mit einem gewissen Understatement bewertet: "Bis zum Einsatz des Weltraumlifts werden sicher noch einige Jahre vergehen." (red, derStandard.at, 21. 6. 2013)