Brüssel - Die Euro-Finanzminister haben sich auf Regeln zur direkten Bankenhilfe aus dem Euro-Rettungsfonds ESM geeinigt. Uneingeschränkte Freude darüber ist jedoch fehl am Platz. Direkte Kapitalspritzen aus dem ESM soll es nämlich nur unter scharfen Bedingungen und frühestens ab der zweiten Hälfte des nächsten Jahres geben. Die Eckpunkte der Einigung im Überblick:
Volumen Der ESM verfügt insgesamt über Kredithilfen von 500 Milliarden Euro. Davon reserviert die Euro-Gruppe 60 Milliarden Euro für direkte Bankenhilfen. Allerdings: Diese Summe kann vom Gouverneursrat des ESM später aufgestockt werden. Die Summe von 60 Milliarden Euro wirkt angesichts des Umfangs bisheriger Banken-Rettungen in Europa eher klein - allein Spanien brauchte fast 40 Milliarden Euro Hilfe für seine Geldhäuser.
Voraussetzung Es soll nur "systemrelevanten Großbanken" unter die Arme gegriffen werden, die aus privaten Quellen keine Kapitalspritzen mehr bekommen und deshalb zahlungsunfähig werden könnten. Die Gelder sollen auch nur an Institute fließen, die lebens- und sanierungsfähig sind. Zudem will der ESM nur zahlen, wenn der jeweilige Nationalstaat das aus eigener Kraft nicht schafft, ohne selbst in den finanziellen Ruin zu stürzen.
Ein weiteres Schlüsselkriterium ist, dass durch die ESM-Kapitalspritze für systemrelevante Geldhäuser eine Gefahr für die Stabilität der gesamten Euro-Zone abgewendet wird. Dabei muss das jeweilige Euro-Land bei ESM-Direkthilfen zunächst einen Anteil von 20 Prozent selbst beisteuern, der dann später auf zehn Prozent verringert wird.
Ausnahme Eigentlich sollten Altfälle - also Hilfen für notleidende Kreditinstitute, die Krisenländer wie Irland, Griechenland und Spanien von den Euro-Partnern bereits erhalten haben - nicht rückwirkend auf den ESM umgebucht werden. Allerdings schaffte es Irland, diese Regelung aufzuweichen. Nun soll es in Einzelfällen möglich sein. Solchen Einzelfällen muss in Österreich (und auch Deutschland) aber der Nationalrat zustimmen.
Fahrplan Direkthilfen vom ESM werden notleidende Banken allerdings vor der zweiten Jahreshälfte 2014 kaum bekommen. Zunächst soll bei der Europäischen Zentralbank die einheitliche Bankenaufsicht in Europa stehen und sich bei den wichtigsten Geldinstituten in der Euro-Zone einen Überblick über die Lage verschafft haben. Zudem müssen dem neuen ESM-Instrument noch einige Parlamente zustimmen. Das wird frühestens im Herbst passieren, möglicherweise aber auch erst Anfang 2014.
Kompetenz Bankenhilfen aus dem Schutzschirm müssen von einem Euro- Mitgliedsland beantragt werden. Entschieden wird darüber im ESM- Gouverneursrat, das oberste ESM-Gremium der Finanzminister der Euro- Länder. Der Rat müsste nach Artikel 19 des ESM-Vertrages einstimmig zustimmen. Damit Österreichs Vertreterin, also derzeit Finanzministerin Maria Fekter, Ja sagen kann, muss sie der Nationalrat dazu ermächtigen - ansonsten müsste sie dagegen stimmen.
Gerungen wurde am Freitag noch um einen weiteren wichtigen Baustein der Bankenunion. Dabei geht es um gemeinsame Regeln für die geordnete Abwicklung von gescheiterten Banken. Um die gebeutelten Steuerzahler in den Mitgliedstaaten zu entlasten, sollen Aktionäre und Gläubiger von Krisenbanken mehr als bisher in die Pflicht genommen werden. Von dem neuen Rahmenwerk wären insgesamt 8000 Banken betroffen. (Reuters, red, DER STANDARD, 22.6.2013)