STANDARD: Schlafen Sie gut?
Afukatudis: In der Regel ja, warum?
STANDARD: Auch wenn in einer Reisedestination der Teufel los ist und möglicherweise manche Ihrer 250.000 Gäste mittendrin sind?
Afukatudis: Wenn man sich die Unruhen der letzten Zeit anschaut, dann ist das nicht mehr und nicht weniger als früher auch. Vor einem Jahr hatten wir noch andere Sorgen - Stichwort Finanzkrise. Ich kann jetzt gut schlafen.
STANDARD: Sie sind gebürtiger Grieche. Ist Ihre schwer gebeutelte Heimat aus dem Gröbsten raus?
Afukatudis: Eindeutig ja - zumindest was den Tourismus betrifft. Der macht fast ein Drittel des griechischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Der Griechenlandurlaub erlebt heuer eine Renaissance.
STANDARD: Schlägt sich das auch in Touristenzahlen nieder?
Afukatudis:: Ja. In diesem Sommer ist Griechenland von den Wachstumsraten Sieger der Saison.
STANDARD: Die Regierung Samaras kämpft um den Fortbestand, weil ein Partner ihr nach Schließung des Staatsfunks die Gefolgschaft versagt hat. Trotzdem alles paletti?
Afukatudis: Das war ein einfallsloser Akt und erinnert an die Vorgangsweise eines früheren Regimes. Was man der ERT anhängt, haben dieselben Politiker mitverschuldet. Die haben dieses Monstrum geschaffen. Eine viel spannendere Frage ist, wer sich um die 1,5 Millionen Arbeitslosen im Privatsektor kümmert. Die Regierung macht es nicht, die EU auch nicht.
STANDARD: Wären Sie Tourismusminister in Griechenland, womit würden Sie als Erstes beginnen?
Afukatudis: Vertrauen herstellen. Und statt viel versprechen klar sagen, das können wir und das können wir nicht. Was noch zu verbessern wäre, ist die Infrastruktur,
STANDARD: Was genau?
Afukatudis: Die Flughäfen etwa und die Dienstleistung, die man dort anbietet. Auch die Tarife, die man von den Fluggesellschaften verlangt. Ich würde mich zudem mit der Hotelkategorisierung und Klassifizierung der Unterkünfte beschäftigen. Es gibt schwarze Schafe, die das Erleben eines guten Urlaubs manchmal trüben.
STANDARD: Die Türkei war zuletzt Nutznießer der griechischen Tragödie, wie sieht es heuer aus?
Afukatudis: Nicht nur die Türkei, auch andere Länder haben profitiert. Die Türkei geht auch heuer sehr gut, die Österreicher haben großes Vertrauen in das Land. Bei Thomas Cook Austria ist die Türkei im letzten Sommer die Nummer zwei geworden. Heuer gibt es einen Kampf um diese Position mit Griechenland. Wie das Match ausgeht, ist noch offen.
STANDARD: Die Vorkommnisse in Istanbul und anderen Städten?
Afukatudis: ... haben bis jetzt keine Auswirkungen. Der Krisenstab von Thomas Cook in Frankfurt beobachtet die Situation genau. Durch Kontakte mit Vertrauensleuten vor Ort ist es möglich, eine qualifizierte Beurteilung der Lage zu erhalten, egal ob es die Fidschi-Inseln sind oder Istanbul. Es gibt keine Umbuchungen, Stornierungen oder Wünsche von Gästen, anderswohin gebracht zu werden.
STANDARD: Sie haben mit Öger einen großen Veranstalter im Konzern. Welche Vorkehrungen haben Sie getroffen, sollten die Proteste gegen Erdogan eskalieren?
Afukatudis: Wir können die Leute umbuchen und an einen anderen Ort bringen. Derzeit besteht aber, wie gesagt, kein Anlass. Ich denke, es wird ruhig bleiben. Die Türken wissen, wie wichtig der Tourismus für sie ist, er trägt gut 30 Prozent zum türkischen BIP bei.
STANDARD: Harriet Green, Chefin von Thomas Cook, hat den in Schieflage geratenen Tourismuskonzern wieder auf Kurs gebracht. Spürt man das auch in Österreich?
Afukatudis: Wir sind Teil des Konzerns. Der stand in der Finanzierung auf wackeligen Füßen. Der Turnaround ist geschafft, wir haben das Vertrauen der Märkte, der Aktionäre, das sind gute Zeichen. Das merken wir auch in Österreich. Nun geht es darum, die Strategie konsequent umzusetzen.
STANDARD: Wir groß ist der Zuwachs von Thomas Cook in der heurigen Sommersaison?
Afukatudis: Wir haben gut verkauft, obwohl die Frühbucherphase eher verhalten war und es erst dann besser geworden ist. Es wird auf jeden Fall ein kleines Plus gegenüber dem Vorjahr geben. Der Markt wächst insgesamt nicht, es gibt starken Wettbewerb über den Preis. Da halten wir uns heraus. Wir wollen profitabel wachsen. Was nutzen mir x-tausend Passagiere mehr, wenn ich das Wachstum nicht entsprechend in Gewinne umsetzen kann. Marktanteile allein sagen nichts.
STANDARD: Wer ist heuer vorne?
Afukatudis: Spanien, insbesondere Mallorca und die Balearen, dann Türkei und Griechenland. Wir sehen auch einen Trend, dass diejenigen, die sich kurzfristig entscheiden, auch wieder vermehrt ins Auto sitzen. Davon profitieren Länder wie Italien und Kroatien. (Günther Strobl, DER STANDARD, 24.6.2013)