Düsseldorf - In deutschen Schlachthöfen sollen erneut Leiharbeiter-Kolonnen systematisch schwarz beschäftigt worden sein. Es werde gegen 22 Beschuldigte und ein Firmengeflecht von rund zwei Dutzend Unternehmen ermittelt, bestätigte Staatsanwalt Ralf Möllmann Informationen des "Norddeutschen Rundfunks". Aus Österreich, Belgien und Frankreich gab es kürzlich heftige Kritik an der Billigkonkurrenz aus Deutschland.

Der heimische Branchenvertreter Hans Schlederer meinte Ende Mai zur APA, es sei eine "Schweinerei, was da läuft". Er sprach von "moderner Sklaverei" und "Lohndumping". Das Problem mit der Billigkonkurrenz gebe es seit einigen Jahren, seit zwei, drei Jahren habe es sich weiter verstärkt, so der Chef der Schweinebörse in Linz und des Verbandes der landwirtschaftlichen Veredelungsproduzenten (VLV).

Verdacht der Steuerhinterziehung

In Deutschland hätten bereits Mitte Mai 450 Polizisten, Zollbeamte, Steuerfahnder und Staatsanwälte bundesweit an 90 Orten Büros und Wohnungen durchsucht, so die neue Information aus dem Nachbarland. Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass mit dem Einsatz der Leiharbeiter aus Rumänien und Polen von den Leiharbeitsfirmen Steuern und Sozialabgaben in Millionenhöhe hinterzogen wurden.

Mit einer ähnlichen Durchsuchungsaktion hatten die Ermittler vor sieben Jahren die Branche aufgeschreckt. Ein deutscher Arbeiter-Verleiher aus Mönchengladbach wurde in der Folge im Jahr 2010 vom Düsseldorfer Landgericht zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Ermittler mussten für die Massen an sichergestellten Unterlagen eine Turnhalle anmieten.

Die Beschuldigten im aktuellen Verfahren der Ermittlungskommission "Karo" seien zwar andere, sagte Möllmann. Die Strippen für den Einsatz der Arbeiterkolonnen sind aber offenbar erneut am Niederrhein gezogen worden. Kamp-Lintfort und Moers waren Orte der Durchsuchungen.

Das Verfahren sei zunächst von der Duisburger Staatsanwaltschaft geführt und wegen des Umfangs an die Düsseldorfer Behörde abgegeben worden. Mehr als ein Dutzend Schlachthöfe soll von Hintermännern der Szene mit billigen Arbeitskräften versorgt worden sein.

Chinesische Verhältnisse

Die Leiharbeiter-Kolonnen haben die Stammbelegschaften der Schlachthöfe vielerorts dezimiert. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung sorgen die chinesischen Verhältnisse in der deutschen Fleischindustrie inzwischen auch international für Ärger.

Die belgische Regierung habe sich bei der EU-Kommission über Sozialdumping und Wettbewerbsverzerrung in Deutschland beschwert. Die Billigkonkurrenz aus Deutschland soll inzwischen auch den belgischen Fleischverarbeitern zu schaffen machen und einen Schlacht-Tourismus befördern. (APA, 24.6.2013)