Bild nicht mehr verfügbar.

Zerstörte Brücken und Straßen behindern im nordinidischen Uttarakhand die Rettung der Monsun-Opfer.

Foto: AP/Rafiq Maqbool

Fünf Tage war Gopi mit ihrem Baby durch die Wälder und Berge geirrt, bis sie endlich ein Dorf erreichte. Sie habe Blätter gegessen, damit die Muttermilch nicht versiegt und das Kind nicht hungert, erzählt die erschöpfte Mittzwanzigerin Reportern. Die Mutter war auf einer Pilgerreise im heiligen Ort Gaurikund, als der verfrühte Monsun sie überraschte, der Fluss Mandakini aus seinem Bett ausbrach und alles mit sich riss.

Über eine Woche ist es her, dass Sturzfluten und Erdrutsche den indischen Himalaya-Staat Uttarakhand verwüsteten. Doch nur langsam enthüllt sich das ganze Ausmaß der Tragödie. Mindestens 1000 Leichen wurden inzwischen geborgen. Und viele weitere Tote dürften noch unter den Schlamm- und Geröllmassen begraben sein. "Die Berge haben sich in Friedhöfe verwandelt", schrieb die Zeitung Mail today.

"Tsunami des Himalaya"

TV-Sender sprachen von einem "Tsunami des Himalaya". Die Retter kämpfen gegen die Zeit. Noch immer sind 32.000 Menschen von der Außenwelt abgeschnitten und warten auf Hilfe. Viele Gestrandete sind seit Tagen ohne Nahrung und Trinkwasser. Das Militär hat Notpakete abgeworfen, doch es konnte nicht alle Eingeschlossenen erreichen. Vor allem Kinder, Mütter und Alte sind am Ende ihrer Kräfte.

Etwa 30 Millionen Besucher zählte Uttarakhand im vergangenen Jahr. Viele sind Pilger. Zu den Hauptzielen gehören die beiden Tempelstädte Badrinath und Kedarnath, wo die meisten Opfer zu beklagen sind.

Menschengemachte Katastrophe

40 Hubschrauber sind im Einsatz, um Menschen aus den unzugänglichen Bergregionen auszufliegen. Andernorts versuchen Soldaten, Notbrücken über die reißenden Flüsse zu spannen oder in aller Eile Straßen zu flicken. Weil die Leichen in der feuchten Wärme bereits verfaulen, werden sie in Massen verbrannt, um Seuchen zu verhindern.

Umweltschützer sprachen von einer menschengemachten Katastrophe. In den vergangenen Jahren seien immer mehr Bäume gerodet und dafür Straßen und Häuser gebaut worden. Das mache die Region extrem anfällig für Katastrophen, wenn starker Regen falle, meinte Professor Maharaja K. Pandit von der Abteilung für Berg- und Hügelumwelt an der Delhi- Universität. (Christine Möllhoff aus Neu-Delhi, DER STANDARD, 25.6.2013)