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Sieben Jahre: Silvio Berlusconi.

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Richterin Giulia Turri verliest am Montag in Mailand das Urteil – sieben Jahre Haft in erster Instanz – gegen Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi. 

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Mailand – Hat er oder hat er nicht? Das war die Frage, die das dreiköpfige Richterkollegium (allesamt Frauen) am Montag in Mailand zu beantworten hatte. Ihre Antwort, ob Silvio Berlusconi für Sex mit Minderjährigen bezahlt hat und später sein Amt als italienischer Premier missbraucht, um dies zu vertuschen, ließ allerdings auf sich warten. Die Richterinnen ließen sich bis Montagabend Zeit damit, weil so ein Urteil im Falle des notorischen Justizhassers Berlusconi wohl begründet sein musste. Überdies gingen viele Beobachter davon aus, dass ein Schuldspruch unmittelbare Auswirkungen auf die italienische Regierung haben könnte, in der Parteigänger des 76-Jährigen sitzen.

Als der Spruch gefällt war, verwunderte das Strafausmaß: Berlusconi wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt. Das Gericht untersagte ihm zudem, öffentliche Ämter zu bekleiden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zwei Instanzen stehen für Berufungen offen. Berlusconis Anwalt nannte das Urteil "fern jeglicher Logik".

Die frühere Nachtklubtänzerin Karima El Mahroug alias Ruby Rubacuori (Ruby, die Herzensbrecherin) bestritt jeden sexuellen Kontakt mit dem 76-Jährigen. Sie soll eine der Hauptaktricen bei den inzwischen legendären "Bunga-bunga"-Partys gewesen sein, die Berlusconi in seinen Villen mit seinen Spezl'n und Dutzenden mehr oder weniger freiwillig anwesenden Frauen feierte.

Das Mailänder Gericht forderte auch die Eröffnung von Ermittlungen gegen 33 Zeugen wegen Falschaussagen – darunter vier Abgeordnete von Berlusconis Mitte-rechts-Allianz, etwa Vize-Außenminister Bruno Archi und die Euro-Parlamentarierin Licia Ronzulli. Weiters wurde die Konfiszierung von Rubys Besitztümer verlangt.

Neben diesem Berlusconi-Verfahren werden weitere (wieder) schlagend. Eine Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Parlamentarierbestechung: Kommenden Donnerstag beginnt in Neapel die Vorverhandlung im Fall des Exparlamentariers Sergio De Gregorio. Die Richter müssen entscheiden, ob gegen Berlusconi ein Prozess wegen der Bestechung des Ex-Senators und Mitte-links-Politikers im Jahr 2006 beginnen soll. Die Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi vor, De Gregorio drei Millionen Euro für seinen Seitenwechsel in das Lager Berlusconis angeboten zu haben.

Mondadori-Verlag: Am 27. Juni überprüft das Kassationsgericht in Rom, die dritte und letzte Instanz, das Urteil, mit dem ein Berufungsgericht in Mailand 2011 die von Berlusconi kontrollierte TV-Holding Fininvest zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 560 Mio. Euro verurteilt hatte. Die Entschädigung muss Fininvest an die Mailänder Industriegruppe CIR zahlen, weil bei der Übernahme des Mondadori-Verlags in den 1990er Jahren drei Vertraute des Cavaliere einen Richter bestochen haben sollen. Die Summe soll CIR für ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 1991 entschädigen, mit dem Fininvest die Kontrolle über das Verlagshaus Mondadori erhielt. Ein Strafgericht hatte Jahre später geurteilt, dass der damalige Richterspruch "gekauft" worden war – Berlusconi wurde wegen Verjährung jedoch nie dafür belangt. Mit der Übernahme von Mondadori kontrollierte er einflussreiche Zeitungen und Magazine.

Ruby II: Am 12. Juli wird ein Urteil gegen drei Vertrauensleute Berlusconis wegen Beihilfe zur Prostitution in Zusammenhang mit dem Fall Ruby erwartet. (red/DER STANDARD, 25.6.2013)