Ohnehin schon schwer unter Wasser, wurde die Alpine (im Bild die Baustelle am Wiener Hauptbahnhof) jetzt auch noch im Regen stehen gelassen.

Foto: Standard/Regine Hendrich

Insolvenzen in der Bauwirtschaft arten oft aus. So auch jene der Alpine: Statt auf Sanierung stehen die Weichen auf Konkurs. Porr und Strabag wollten kein Risiko tragen, die Banken wollen kein Fass ohne Boden.

Das kennt man spätestens seit der Maculan-Pleite aus dem Jahr 1996: Kippt ein Baukonzern, dann gleich ordentlich. Wechselseitige Haftungen zwischen den einzelnen Gesellschaften der Gruppe sowie die in diesem Geschäft umfangreichen Garantien der Banken sorgen dafür, dass die Passiva explodieren, was eine gewünschte Sanierung nichtgerade erleichtert.

Und dann wäre da noch die schwierige Fortführung: Einen Überblick über den Fortgang und die Profitabilität der tausenden Baustellen bekommt man nur sehr schwer. Und die Einschätzung kann rasch überholt sein, wenn Materiallieferungen ausbleiben, Bauarbeiter fernbleiben und Fahrzeuge sowie Geräte herumstehen. "Bei der Alpine setzen die bei Bauinsolvenzen gefürchteten Fliehkräfte ein", schildert Gerhard Weinhofer, Chef des Gläubigerschutzverbands Creditreform.

Der Überdruck in dem seit einer Woche insolventen Salzburger Baukonzern hat in der Nacht auf Montag die Hoffnungen auf eine Auffanglösung platzen lassen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner waren mit Bankvertretern, Alpine-Management und dem Masseverwalter zusammengetroffen, um die Fortführung der Geschäfte in einer Auffanggesellschaft unter Dach und Fach zu bringen. Doch die Verhandlungen mit Strabag und Porr sowie weiteren drei Baugesellschaften gestalteten sich weit schwieriger als erhofft.

Einerseits - so schildern Teilnehmer an der Sitzung - wollten sich Porr und Strabag eine (zu) dominante Stellung in der Alpine neu sichern, sodass es innerhalb der Bauindustrie zu gröberen Differenzen gekommen sei. Andererseits wollten Bank Austria, Erste Bank und Raiffeisen nicht noch einmal gutes Geld schlechtem nachwerfen. Sie forderten entsprechende Sicherheiten von Strabag und Co, die aber nicht gewährt wurden. Diese beharrten allerdings auf einen Massekredit, vom spanischen Eigentümer FCC war ohnehin kein Beitrag zu erwarten.

Der Kapitalbedarf für den Fortbestand der Alpine kann sich sehen lassen: Kurzfristig benötigt die Gruppe einen Kontokorrentrahmen von 60 Millionen und Garantien von bis zu 346 Millionen Euro, heißt es im Sanierungsantrag, der dem Standard vorliegt. Masseverwalter Stephan Riel zog daher die Reißleine.

Da jeder Tag der Fortführung mit Kosten von drei Millionen Euro verbunden ist, beschloss er die Schließung der Alpine. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung befanden sich - nach dem Rückzug der Finanzierungszusage durch die FCC - gerade einmal fünf Millionen in der Kasse.

Konkurs droht

Faktisch bedeutet das Scheitern der Auffanglösung, dass die Baustellen verwertet, also dichtgemacht oder verkauft werden. In den meisten Bundesländern gibt es laut Bau-Gewerkschafter Josef Muchitsch "große Ambitionen" an der Übernahme von Projekten. Der Masseverwalter könnte dann beispielsweise Geräte an die neuen Betreiber verleasen und somit etwas Geld für die Gläubiger hereinspielen. Am drohenden Alpine-Konkurs dürfte dies freilich nicht viel ändern. Im Sanierungsplan wurde für die erforderliche Quote von 20 Prozent - die Passiva belaufen sich auf beachtliche 2,56 Milliarden Euro - ein Verkaufswert der Auffanggesellschaft von 200 Millionen Euro angesetzt.

Dieses Zahlengerüst wackelt nun bedrohlich. Im Konkursfall gelten auch noch andere rechtliche Rahmenbedingungen. So kann die Alpine von den Partnern aus den rund 400 Arbeitsgemeinschaften wie beispielsweise am Wiener Hauptbahnhof gekickt werden. Das wäre insbesondere bei profitablen Baustellen schmerzhaft. Böse Zungen behaupten, dass Porr und Strabag bei den nächtlichen Verhandlungen in einer äußerst komfortablen Verhandlungsposition waren, weil sie im Falle eines Scheiterns der Auffanggesellschaft ohnehin an so manches Filetstück herankämen. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 25.6.2013)