Paris – Wie beim Boxkampf war die ärztliche Hilfe bereitgestellt: Als Ort für Bernard Tapies U-Haft wählten die Richter am Montag das Pariser Krankenhaus Hôtel-Dieu. In einem für Häftlinge eingerichteten Raum vernahmen sie den 70-jährigen Unternehmer, dem in seiner reichen Vergangenheit der Fußballklub Olympique Marseille oder der Sportartikelhersteller Adidas gehört hatten.
Tapie kann von Rechts wegen vier Tage lang festgehalten werden. Er muss sich für mehr als 400 Millionen Euro rechtfertigen, die er 2008 von einem Schiedsgericht als Entschädigung für den Adidas-Verkauf zugesprochen erhalten hatte. Die französische Justiz hegt den Verdacht, dass dieser private Deal von Beginn weg abgekartet gewesen sei; der frühere Präsident Nicolas Sarkozy und Exministerin Christine Lagarde – heute Chefin des Internationalen Währungsfonds – sollen auf Kosten der Steuerzahler Hand geboten haben für die Entschädigung des Mittepolitikers Tapie, der im Gegenzug 2007 zur Wahl Sarkozys aufgerufen habe. Gegen Lagardes ehemaligen Kabinettschef Stéphane Richard, heute Vorstandschef von France Télécom-Orange, ist bereits kürzlich ein Strafverfahren wegen "bandenmäßigen Betrugs" eröffnet worden.
Tapie zeigte sich am Montag von diesen Ermittlungen wenig beeindruckt. Er pfeife darauf, meinte er großspurig wie immer; die Richter hätten ihn in seinem Leben schon siebenmal eingebuchtet, doch sechsmal sei das Verfahren eingestellt und einmal sei er freigesprochen worden.
Pariser Medien berichten seit Tagen detailliert über Absprachen zwischen Tapie, einem der drei privaten Schiedsrichter und mehreren Sarkozy-Beratern. Sollten die U-Richter zum Ende der U-Haft ein Strafverfahren gegen Tapie einleiten, hätte dies wohl auch Folgen für prominente Beteiligte. Richard könnte sich kaum mehr länger an der Spitze von France Télécom-Orange halten. Lagarde hat im Mai ein offizielles Strafverfahren knapp vermieden, bleibt aber unter Verdacht. (brä, DER STANDARD, 25.6.2013)