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Die Solidaritätskundgebung für den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan am Sonntag.

Foto: APA/Hans Punz

Obwohl laut Zählung der Veranstalter die Bundeshauptstadtbewohner am Wochenende fast vollzählig auf der Donauinsel gewesen sein sollen, gab es noch ein paar andere Veranstaltungen in Wien. Also verfügte sich das Bundesländerformat "Wien Heute" dorthin und berichtete am Sonntagabend zum ­Beispiel über Pro- und Kontra-Erdogan-Demonstrationen.

Der türkische Ministerpräsident Erdogan führt ja der Welt seit einigen Wochen sein Demokratieverständnis mit Tränengas und Polizeigewalt vor. Mit jenen Hausmitteln der Staatsgewalt begegnet er Demonstranten, die gegen die Errichtung eines Einkaufshauses an der Stelle eines Parks in Istanbul protestieren.

Da kam es angesichts der Pro-Erdogan-Demos zu dem Paradoxon, dass in Wien lebende Türken dagegen demonstrieren, dass in Istanbul lebende Türken demonstrieren dürfen. Vielleicht sollte man da doch noch einmal kurz in sich gehen. Aber es ist natürlich einfacher, die bösen Medien als Wurzel des Übels zu bezeichnen, der Rest wird zu Terroristen erklärt. Dass auch der Wiener Charme nicht immer die feinste Klinge führt, bewies der Reporter von Wien heute, als er einem Demonstranten seine Schwarz-Weiß-Sicht in die Frage kleidete: "Wenn der Erdogan so toll ist, warum leben sie dann in Wien?" Dafür gibt's jetzt ein Jahr Kipferlverbot.

Zumal keine fünf Minuten später in derselben Sendung von einem Wunder berichtet werden konnte, wie es sich nur hierzulande ereignen kann. Rainhard Fendrich und Wolfgang Ambros begruben auf der Donauinsel der Seligen ihren Streit und sangen gemeinsam "I am from Austria". Nicht einmal Karl Kraus hätte es sich schöner ausdenken können.  (Karl Fluch, DER STANDARD, 25.6.2013)