Wien/Salzburg - 70.000 US-amerikanische Soldaten waren nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Österreich stationiert, darunter auch viele afroamerikanische GIs. Zunächst waren private Kontakte oder Liebesbeziehungen zwischen den Soldaten und der österreichischen Bevölkerung streng verboten, ab Oktober 1945 wurde dieses Verbot gelockert. Das an der Universität Salzburg angesiedelte Projekt "Lost in Administration" möchte nun die Lebensgeschichten und Schicksale der aus diesen Beziehungen entstandenen "afroösterreichischen Besatzungskinder" aufarbeiten. Betroffene, die ihre Geschichte erzählen wollen, werden von den Historikern gebeten, mit dem Projektteam Kontakt aufzunehmen.

"Vergessene Kinder" nennt Projektmitarbeiterin Regine Fritz die Kinder von Österreicherinnen und afroamerikanischen Soldaten. Denn oft seien sie aufgrund ihrer Hautfarbe mit aus der NS-Zeit tradierten rassistischen Vorbehalten konfrontiert gewesen, wurden in Kinderheimen untergebracht oder zur Adoption freigegeben. Einige seien über Umwege in die Vereinigten Staaten gelangt, wo sie von afroamerikanischen Eltern großgezogen wurden. Aber nicht nur ihre Hautfarbe, auch die oft uneheliche Entstehung habe die Besatzungskinder zu Außenseitern gemacht und häufig auch ihre Mütter gesellschaftlich ins Abseits gestellt.

Kaum aufgearbeitetes Thema

Anhand individueller Erfahrungen soll nun in dem vom Österreichischen Zukunftsfonds geförderten Projekt etwa der Frage des gesellschaftlichen und behördlichen Umgangs mit afroösterreichischen Besatzungskindern in der Nachkriegszeit oder das Schicksal der Mütter, die aufgrund der unehelichen Geburt von ihrer Umwelt und der Gesellschaft häufig als charakterlich schwach und "asozial" diffamiert wurden, nachgegangen werden. Zusätzlich werden auch die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen der Nachkriegszeit sowie die medialen und gesellschaftlichen Reaktionen Forschungsgegenstand des vom Zukunftsfonds Österreich finanzierten Projekts sein.

Noch ist das Schicksal dieser Kinder kaum aufgearbeitet, nach derzeitigem Forschungsstand sei nicht einmal ganz sicher, wie viele es gegeben hat, erklärte Fritz. Mit ihren Erfahrungen und Lebensgeschichten sollen die Betroffenen selbst Licht in dieses Kapitel "verdrängter österreichischer Zeitgeschichte" bringen. Gesucht werden daher Personen, die in der Zeit zwischen 1945 und 1956 als Kinder von Österreicherinnen und afroamerikanischen GIs geboren wurden sowie Betreuungspersonal in Jugendämtern, Kinderheimen oder anderen Sozialeinrichtungen, die mit ihnen Kontakt hatten. Sie können sich über www.afroaustria.at mit dem Projektteam in Kontakt setzen. (APA/red, derStandard.at, 24. 6. 2013)