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Emir Hamad bin Khalifa Al Thani vollzog die Machtübergabe an seinen Sohn Tamim bin Hamad (Bild).

Foto: Reuters/Abdallah

Doha/Wien – Machtübergabe am Golf: Der Emir von Katar, Scheich Hamad bin Khalifa al-Thani, hat die Macht an seinen Sohn Kronprinz Scheich Tamim ben Hamad al-Khalifa übergeben. In einer Fernsehansprache an die Nation sagte das 61-jährige Staatsoberhaupt der absoluten Monarchie am Golf: "Die Zeit ist gekommen, um eine neue Seite zu öffnen" und die "Verantwortung an die nächste Generation zu übertragen". Der Emir hatte im Jahr 1995 in einer Palastrevolution seinen eigenen Vater von der Staatsspitze verdrängt.

Zweitältester wird Herrscher

Tamim, soeben 33 geworden, ist der zweitälteste Sohn Hamads aus dessen Ehe mit seiner spektakulären zweiten Frau, Sheikha Moza. Simon Henderson schreibt in Foreign Policy' dass ihm auf die Frage, warum die beiden Söhne aus erster Ehe übergangen wurden, geantwortet wurde: "Der eine feiert zu viel, der andere betet zu viel." Aber auch Tamims älterer Vollbruder Jassim, der schon einmal Kronprinz war, wird zu seinen Gunsten übergangen. Tamim ist der Liebling seiner Eltern, der Sandhurst-Absolvent gilt als diszipliniert und gehört bereits zum inneren Machtzirkel.

Emir Hamad ist zwar erst 61, er hat jedoch gravierende gesundheitliche Probleme. Die Sicherung des Überganges ist ihm offenbar ein Anliegen: In der Familie Thani wird gerne geputscht, wenige Herrscher Katars verstarben im Amt. Hamad selbst hat seinen Vater 1995 abgesetzt, als dieser zur Kur in der Schweiz weilte. Einzelne Zweige des riesigen Clans sind einander nicht grün, manche Familienteile fühlen sich um die Macht geprellt.

Gemeinsam mit dem Emir tritt der zweitmächtigste Mann im Staat ab, Hamad Bin Jassim, 54, genannt HBJ, der bisher nicht nur Premier und Außenminister war, sondern auch die oberste Instanz für die zahllosen Investitionen, die Katar – der größte Erdgasexporteur der Welt – international tätigt. HBJ ist ein Cousin dritten Grades des Emirs, es wird gemunkelt, dass er sich nach London zurückziehen will, seine Position als Chef der Qatar Investment Authority (QIA) könnte er trotzdem behalten.

Aktiver Player der Geopolitik

Das steinreiche Katar ist besonders seit dem Ausbruch der arabischen Revolten zum aktivsten politischen Spieler geworden: An der Nato-Intervention gegen die Truppen von Muammar al-Gaddafi war es beteiligt, genauso wie es heute die wichtigste Stütze der ägyptischen Muslimbrüderregierung und die treibende Kraft im Krieg gegen Bashar al-Assad in Syrien ist. Katars aktive – manche sagen: hyperaktive – Politik ist auch als Versuch zu sehen, sich ein eigenständiges Profil visàvis Saudi-Arabien zu geben: eine Art Kuwait-Komplex getrieben von der Angst, vom großen Nachbarn geschluckt zu werden. Wie Saudi-Arabien ist Katar ein wahhabitisches Land, allerdings ohne Berührungsängste zu den Muslimbrüdern, welche in Riad und den anderen arabischen Golfstaaten mit Misstrauen gesehen werden.

Mit einem Politikwechsel nach Hamads Abtritt rechnet niemand, Tamim war bereits Entscheidungsträger. Im Inneren sind vorsichtige Reformen angesagt, noch 2013 soll es erste Wahlen für eine konsultative Kammer geben. Den wenigen Kataris geht es so gut, dass sich die Lust auf politische Freiheit offenbar in Grenzen hält. (Gudrun Harrer /DER STANDARD, 25.6.2013)