Wien - Für ihre zögerliche Reaktion nach der Abschaltung des griechischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks ERT Mitte Juni muss die EU-Kommission weiterhin harsche Kritik einstecken: "Wenn die Regierung in Griechenland eine linke gewesen wäre, hätten Sie auch so reagiert?", fragte der ERT-Journalist Kostas Argyros bei einer Podiumsdiskussion von Reporter ohne Grenzen in Wien den Vertreter der EU-Kommission in Österreich, Marc Fähndrich. "Wir haben keine Kompetenz einzugreifen", entgegnete Fähndrich. Die öffentlich-rechtliche Verwaltung Griechenlands sei überfrachtet, sie müsse modernisiert werden. "Die Abschaltung war keine wirtschaftliche Entscheidung, sondern eine Ersparnis an Demokratie", sagte Argyros. "Die Regierung war unzufrieden, weil ERT zu wenig propagandistisch war.
Gefährliches Experiment
"Die EU hat nicht klar genug reagiert", sagte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. ERT abzuschalten, "sei nicht nur undemokratisch, sondern auch unprofessionell". Er hält es für "praktisch unmöglich", unter heutigen Marktbedingungen nach monatelanger Pause zurückzukehren. Die Kommission habe "ein gefährliches Experiment toleriert", sagte Medienwissenschafterin Katharine Sarikakis.
Spardruck bis zur Existenzgefährdung käme auch in Österreich vonseiten der Regierung, sagte Wrabetz. Diese habe "vor einer Wahl, über Nacht", entschieden, die Gebührenabgeltung nicht zu verlängern. Das Ablaufdatum 2013 steht seit 2010 im ORF-Gesetz. Der ORF müsse reagieren, kommentierte der General jüngste Einschnitte im Programm: "Man sollte sich nicht sicher sein, dass unsere Situation so viel besser ist als jene in Griechenland." (Doris Priesching, DER STANDARD, 26.6.2013)