In Österreich verfügen nur 21 Prozent der 25- bis 34-Jährigen über einen Hochschulabschluss.

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Wien - Müsste Barbara Ischinger ein neues Lehrerdienst- und Besoldungsrecht verhandeln, dann hätte sie die internationalen Vergleichszahlen über Unterrichtsverpflichtung und Gehälter der Lehrerinnen und Lehrer in den 34 OECD-Ländern prominent platziert, nämlich dass Lehrer in Österreich weniger unterrichten und auf allen Karrierestufen mehr verdienen als im OECD-Schnitt.

Das muss sie als Bildungsdirektorin der OECD in Paris aber nicht, und so begann Ischinger am Dienstag - flankiert von Unterrichtsministerin Claudia Schmied und Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle - bei der erstmals auch in Wien präsentierten Vergleichsstudie "Bildung auf einen Blick 2013" mit einem "Kompliment" an Österreich und sehr guten Nachrichten für "das gut ausgebaute Berufsausbildungssystem". Diesem (Berufsschule/Lehre, berufsbildende mittlere und höhere Schulen, BMHS) sei es zu verdanken, dass Österreich die Wirtschaftskrise "relativ gut überstanden" habe mit vergleichsweise niedrigen Arbeitslosenquoten und einem der niedrigsten Prozentsätze von Jugendlichen in Europa, die weder beschäftigt noch in Ausbildung sind.

Die Weder-noch-Jugend

Gerade die Jugend sei während der weltweiten Rezession in vielen Ländern besonders hart getroffen worden. Österreich gehöre neben Deutschland, Schweiz und Türkei aber zu den wenigen Ländern, in denen die Zahl dieser Weder-noch-Jugendlichen zwischen 15 und 29 trotz Krise sogar gesunken (auf rund zehn Prozent) oder fast unverändert geblieben ist (OECD 2011: 16 Prozent, 2008: 14).

"Von einem starken Berufsbildungssystem ist anzunehmen, dass es seinen Absolventen gute Arbeitsmarktqualifikationen verspricht", sagte Ischinger und lobte die "soliden Grundlagen: Da ist Österreich Vorbild". Dann das Aber: "In einer modernen Wissensgesellschaft steigt die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitnehmern. Da kann Österreich noch aufholen." Da muss Österreich aufholen, denn im Tertiärbereich, also im Hochschulsektor, gebe es "Defizite", betonte Ischinger im STANDARD-Gespräch.

Nicht nur, dass in einem System, das so stark auf Berufsbildung setze, Durchlässigkeit in den Hochschulsektor immer wichtiger werde und die (zwar gestiegene) Studienanfängerzahl, aber auch jene der Absolventen (nur 65 Prozent schließen ab, nur 19 Prozent der 25- bis 64-Jährigen bzw. nur 21 Prozent zwischen 25 und 34 haben einen Uni-Abschluss) gesteigert werden müsste - ein Blick in die Welt zeige die Dringlichkeit, dass da etwas zu tun sei, sagte Ischinger in Richtung Töchterle.

Er hatte angesichts der "strengen Rechnung" der OECD auf andere Berechnungsarten der EU verwiesen, die Österreich eine üppigere Akademikerquote bescherten. Das überzeugte die schmunzelnd- stirnrunzelnde OECD-Direktorin nicht: "China wird 2020 mehr Absolventen im Tertiärbereich haben als Europa Jugendliche. Der Zug geht in diese Richtung. Wenn Österreich konkurrenzfähig bleiben will, müssen die Zahlen hochgefahren werden."

 

Dem widersprach Töchterle nicht, betonte aber: "Sämtliche Parameter zeigen nach oben, Österreich ist auf einem guten Weg", wenngleich noch " Hausaufgaben" offen seien. Die OECD-Empfehlung für Studiengebühren samt Darlehenssystem nahm er gern auf.

Schmied unterstrich die "herausragenden Beschäftigungseffekte des beruflichen Bildungssystems", das Österreich in die "Oberliga bei der Jugendbeschäftigung" gebracht habe. Es sei aber auch jener Schulbereich, der sehr kostenintensiv sei, was sich in hohen Bildungsausgaben pro Schüler/-in niederschlage, aber: "Das sind Ausgaben, die sich rechnen."

(Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 26.6.2013)