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Heuer gab es schon einige Bruchlandungen - manche davon bekanntlich spektakulär.

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Grafik: APA

Hans Georg Kantner hegt keine Zweifel daran, dass der Schock über die Pleite der Alpine bei Mitarbeitern, Lieferanten und Politikern tief sitzt. Er gestatte sich dennoch die Frage, sagt der Insolvenzexperte des Kreditschutzverbands KSV 1870, ob dieser Schock nicht ein heilsamer sei. Die Baubranche sei von Überkapazitäten und Dumpingpreisen geprägt. Große Projekte würden ohne Risikopuffer kaum kostendeckend abgewickelt. Es schade daher nicht, den schwächsten Konzern aus dem Markt zu nehmen.

Wenig abgewinnen kann Kantner millionenschweren Hilfspaketen, vor allem nicht, wenn sie in nichtprioritäre Bauvorhaben fließen. Wichtiger sei es, die Kultur der Billigstbieter zu durchbrechen. Denn es kranke nicht an Auftragsmangel, sondern an schwachen Renditen. "Die öffentliche Hand muss ihre Ausschreibungsverfahren überdenken."

Ein Modell, das ihm dabei vorschwebt: Die Auftraggeber ermitteln aus allen Anboten den Durchschnittspreis. Den Zuschlag erhält jener Bieter, der diesem am nächsten liegt. "Das wäre ein Anreiz, reell zu kalkulieren."

Alpine mischt auf

Die Insolvenz der Alpine mischt Österreichs Pleitestatistik für das erste Halbjahr gehörig auf. Hätte der Bauriese die Stellung gehalten, wären die Schulden der insolventen Betriebe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro gesunken. Nun explodierten sie um das 2,7-Fache auf 3,8 Milliarden, rechnen die Kreditschützer vor.

Dass die Zahl an Pleiten insgesamt um rund sieben Prozent zurückging, mag nur auf den ersten Blick optimistisch stimmen. Tatsächlich sind davon zunehmend mehr Mitarbeiter tangiert: Nahezu 18.000 Österreicher arbeiten in insolvent gewordenen Unternehmen, 4900 allein bei der Alpine. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies ein Plus von 85 Prozent.

Anzeichen dafür, dass sich dieser Trend im Laufe des Jahres umdreht, sieht Kantner keine. Bei der Zahl der Insolvenzen zeichne sich 2013 das gleiche Niveau wie 2012 ab. Bei der Verschuldung und den betroffenen Mitarbeitern sei keinerlei Entspannung zu erwarten. Auch der Alpenländische Kreditorenverband AKV äußerte jüngst für das zweite Halbjahr "schlimme Befürchtungen".

Die größten Pleiten seit Jänner nach der Alpine: das Kottingbrunner Bedarfsflugunternehmen Jet- alliance, die Elektrohandelskette Niedermeyer, der Kärntner Fertighausbauer Griffner, der Puckinger Hoch- und Tiefbauer Angerlehner und der steirische Biodieselproduzent EuroBioFuels.

Gefährliches Pflaster

Die Baubranche erwies sich als das gefährlichste Pflaster. Konnte sie sich 2009 und 2010 noch dank öffentlicher Hilfsprogramme und verstärkter privater Immobilieninvestitionen von der Krise abkoppeln, schlägt das Pendel - der Einmaleffekte entledigt - nun zurück.

Dienstleister glitten am zweithäufigsten aus, gefolgt vom Gastgewerbe. Satte Zuwächse bei den Insolvenzen gab es allerdings nur in Kärnten und Tirol, wobei dem KSV vor allem Kärnten Sorgen bereitet: Stark seien die Probleme im Tourismus und bei der Hypo, hoch sei die Verschuldung der öffentlichen Hand, niedrig das Pro-Kopf-Einkommen. Kantner macht in der Kärntner Entwicklung einen Vorboten für ganz Österreich aus.

Im Schatten der Alpine stehen 1400 Betriebe, die mit dem Bauriesen Geschäfte pflegten. 50 bis 70 unter ihnen hängen hart am Tropf des Konzerns und steckten schon bisher in einer prekären Lage. Ihnen drohe die Folgeinsolvenz. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 26.6.2013)